Wien den 16. September 1838
Mit Vergnügen entnahm ich aus Eurer Wohlgeboren letztem Schreiben, daß Ihr Plan zur Reife kommt, und daß Sie Sich die bewußten Empfehlungen verschaffen werden. Kommen Sie mit denselben versehen hier an, so findet sich Alles Übrige. Ich brauche es wohl nicht zu wiederholen, wie es mich freuen wird, Ihre persönliche Bekanntschaft zu machen und Ihnen nach Kräften nützlich zu seyn. Für die Aufnahme der „Geisterinsel“ in die Zeitschrift meinen verbindlichsten Dank; ich komme da in eine schöne Gesellschaft. Auch für die Recension meiner Lieder bin ich sehr dankbar; ich kann mir meinen Recensenten nur loben; nur bin ich mit ihm nicht ganz einverstanden in betreff des 5/4tel Tacts, der mir in einem recitirenden Tongemälde nicht ganz verwerflich schiene. Ich <schrieb> wenigstens |2| schrieb den „Gesang der Seejungfern“ nach meiner Rückkunft von einer Reise zur Nordsee, u. dieser Rhythmus ergab sich mir unwillkürlich, als ich den Wellenschlag ausdrücken wollte. Indessen will ich keineswegs disputiren; mag seyn, daß ich hier zu subjectiv niedergeschrieben. –
Die Oper „Turandot“ ist nun im vollen Studiren; sie wird beyläufig am 26. dieses Monaths im Hofopern Theater zum ersten Mahl aufgeführt werden. Sie ist mit den ersten hiesigen Künstlern besetzt, Wild, Schober, Staudigl, Forti, die Damen Lutzer u. Gentiluomo. Schön wäre es, wenn Sie bis dahin schon hier seyn könnten.
Frln. Clara meine schönste Empfehlung, auch dem Hrn. Wieck, und dürfte ich Sie bitten, ihn gelegentlich fragen zu wollen, ob die 2 Sonaten u. 2 Liederhefte, die ich ihm mitgab, bald herauskommen u. wo? Es ist mir vorzüglich wegen der Opus Zahl, die nun eine Lücke von 4 Nummern hat, was sehr gleichgültig ist, wenn es nicht mehr so lange dauert.
Clavierspieler hört man jetzt hier gar nicht mehr; es wäre auch nun nach Clara u. Liszt nicht viel damit zu machen. Zwey Violinspieler, Pott u. Szerwaczinski, spielten im Theater, ohne Epoche zu machen. Mlle Hasselt ist jetzt die interessanteste fremde Erscheinung; sie ist eine grosse Sängerin, u. als Page in Figaro’s Hochzeit, als Jessonda, überhaupt in der deutschen Oper den größten an die Seite zu setzen.
Mit der Versicherung meiner aufrichtigsten Achtung verbleibe ich
Eurer Wohlgeboren
ergebenster Dr.
Vesque pp.
|4| Herrn
Herrn Robert Schumann
Redacteur der neuen Zeit-
schrift für Musik
Wohlgeboren
in Leipzig
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