Hochzuverehrender Herr!
Empfangen Sie den innigsten, herzlichsten, wärmsten Dank; ich muß gestehen, ich dachte ein so hochgestellter Herr, könne es wohl mit Recht einem Anfänger verübeln, wenn derselbe die Zeit des Meisters, für die Durchsicht seiner Versuche in Anspruch nimmt, und nun habe ich gar die große Freude, einen Brief von Ihnen, verehrter Meister, zu empfangen. Ich werde es nie vergessen, wie glücklich Sie mich durch Ihr, mir überaus theures Schreiben gemacht haben. Sie sind so gütig gegen mich gewesen, daß ich nicht allein dem großen Componisten, die größte Hochachtung, sondern auch dem Menschen, in Ihnen, die beste Liebe zollen muß. Verzeihen Sie diese Aufrichtigkeit einem jungen Mann, der sich ganz wunderbar, durch Ihre ermunternden Worte ergriffen fühlt, und dessen leicht erregbares Herz ganz übersprudelt.
Ich mache von der mir gegebenen Erlaubniß Gebrauch, und nehme mir die Freiheit, Ihnen drei neue Lieder zu übersenden, von denen mir Nro 3 das bessere zu sein scheint; doch würde ich eher um Aufnahme der Lieder Nro 2 & 7 aus den Bildern des Orients bitten. Dürfte ich es wohl wagen, Sie um Ihr für mich so lehrreiches Urtheil über meine Arbeiten im Kirchenstyle zu bitten? ich werde mit gütiger Erlaubniß umgehend eine 2stimmige Messe nach Lotti (für Sopran & Alt[)] übersenden. Sollten Sie, hochverehrter Meister, etwas für Ihre Beilage gebrauchen können, so würden Sie mich, durch die für mich so ehrenvolle Aufnahme sehr erfreuen, aber noch viel mehr durch eine zweite Antwort. Genehmigen Sie, die Versicherung der ausgezeichnetsten Hochachtung und Verehrung mit der ich mich nenne
ganz ergebener
Julius Stern.
Berlin 10 July 1838
Rosenthaler Str. 14.a.
[BV-E, Nr. 1021:] Mit 4 [sic] Liedern für die Beilage.
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