Geehrtester Herr!
Vielleicht gestatten Ew. Wohlgeboren beiliegendem Aufsätzchen einen Platz in der Zeitung; meinen Namen zwar habe ich nicht darunter ausgeschrieben, doch kann es nöthigenfalls auch sein. Der Inhalt ist Wahrheit, welche ich auf mich nehme. Mit nächstem nehme ich mir die Freiheit, Ihnen einen bedeutendern Aufsatz von allgemeinem musikalischen Interesse zu schicken (Betrachtungen). Im Sommer ist hier alles still, im Winter giebt es aber vielen Stoff zu schreiben. – Mit größtem Interesse habe ich ein Heft Fantasiestücke von Ihnen kennen gelernt, und freue mich in ästethischer Hinsicht ganz dieselbe Tendenz wie bei mir (so viel ich aus dem Einen sehen konnte, mehr konnte ich noch nicht erlangen) anzutreffen; freilich äußert sich dieselbe durch die Form der Tonstücke u. s. w. bedingt anders; zum vollständigen Genuß Ihrer Dichtungen gehört freilich eine angemessene virtuose Execution, wie ich deren auf dem Flügel nicht mächtig; sobald ich mehreres von Ihnen habe kennen lernen, werde ich es gelegentlich bemerken; sein Sie versichert, daß ich den herzlichsten Antheil (nicht im bloßen Höflichkeitssinne) an diese Ihre musikalische Verse nehme, und freudig der weitern Bekanntschaft mit denselben entgegensehe. Schreiben Sie mal ein Quartett (Streich). – Was meine eigne Leistungen betrifft, so habe ich, was Ihnen nicht gefallen abgeändert, im letzten Satze des Emollquartetts z. B.; es sind dies bei mir [harmonische] Nachläßigkeiten, die ich aus Gleichgültigkeit gleichsam wissentlich begehe, um sie nachher im kältern Augenblicke wegzustreichen. – Im Falle mir Ew. Wohlgeb. [in] Ihrer musikal. Beilage das nächste mal [für einen Gesang] einen Raum verstatten, wie viel könnte das sein, u. ob? – Mendelssohns Bekanntschaft habe ich [leider] nicht machen können; denn dazu würde es so vieler Mittelspersonen zufälligerweise bedürfen, daß ich schon vor dem bloßen Gedanken an so viel Convenienz zurückgeschreckt bin. Grüßen Sie Herrn Verhulst, und glauben Sie an Ihren
Hirschbach.
neue Friedrichstr 29.
Berlin d 14 August 1838
Sr Wohlgeboren
Herrn Robert Schumann
(Redacteur der „neuen musikalischen
Zeitung[“])
in
Leipzig
im rothen Collegio, Rit-
terstraße
frei
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