Wien, den 31sten März 1839.
Erster Osterfeiertag.
Der Gedanke an Faust, der mich immer am heutigen Tag umspinnt, erinnert mich auch an Sie, mein Theurer! Lang haben wir von einander nichts gehört, wie viel Schmerzen und Freuden liegen in diesem Raum! In wenigen Tagen kehre ich wieder in meine Heimath zurück und bin Ihnen dann wieder nahe. Vielleicht daß ich einen Brief von Ihnen in Leipzig vorfinde, der mir das rückwärts liegende Dunkel freundlich aufhellt. Wie ist es Ihnen ergangen? Was componiren Sie? wie gestaltet sich Ihre Musik, Ihre Zukunft? Viel könnte ich Ihnen auch über mein inneres Treiben mittheilen; auch ich kann nie rasten und muß es durch Musik aussprechen; immer eröffnen sich mir noch mehr Wege und Ausgänge und ich weiß gar nicht, wie ich in zehn Jahren schreiben werde. Daß Sie öffentlich von sich haben aufführen lassen, las ich in der Staatszeitung. Wie freue ich mich von Ihrem weiteren Wirken zu hören. Auch meine Zeitung rufen Sie Sich wieder in’s Gedächtniß zurück(rufen), ich konnte ihr aus so weiter Entfernung nicht die Theilnahme schenken, will mich ihrer aber wieder mit aller Kraft annehmen. Sie hatten Recht mit Ihrer früheren Meinung über Wien; man darf nicht reden, was man denkt; doch hab’ ich das Leben in vieler Hinsicht lieb gewonnen. Und dann die reizende Landschaft um Wien, wie es denn in einem katholischen Land viel für die musikalische Phantasie gibt. Vielleicht sehe ich Sie im Sommer in Leipzig. Meine QuartettMorgen sollen gleich wieder eingerichtet werden, und schicken Sie mir dann gleich vom Neusten. Adieu für heute. Vergessen Sie auch meine Zeitung nicht und hauptsächlich mich selbst nicht. Ich bat Sie früher schon einmal um einen Beitrag f. d. Beilagen. Denken Sie daran.
Ihr Schumann.
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