23.01.2024

Briefe



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ID: 667
Geschrieben am: Dienstag 28.05.1839
 

Leipzig, den 28sten Mai 1839.
Mein theurer Freund,
Ihr Vorwort hab ich gestern erhalten, und hat mir Vieles darin sehr zugesagt. Auch der Ton gefällt mir mehr, als in einigen Ihrer früheren Aufsätze (verzeihen Sie mir?) – Sie haben Sich aber viele Gegner dadurch gezogen, und kümmert Sie selbst das nicht, so doch Ihre Freunde, die es gut mit Ihnen meinen. Freilich hätte ich Ihnen das Alles früher sagen sollen und können. Ihr Quartettaufsatz wird aber Alle versöhnen – schicken Sie mir bald, was Sie an Fortsetzungen fertig bekommen; ich möchte es gern rasch nach einander, wo es mehr wirkt, jedenfalls aber in den ersten Bogen des neuen Bandes (Juli) damit anfangen.
Von den neuen Quartetten hab’ ich noch nichts erhalten; ich freue mich außerordentlich darauf und will Ihnen nichts verhehlen von der Wirkung, die sie auf den Quartettmorgen u. namentlich auf mich gemacht; verlassen Sie Sich auf mich, ich sitze gut zu Roß, geht es auch ins Dunkel und Dickicht. Was den zukünftigen Druck betrifft, so müssen Sie Sich freilich zum Schritt entschließen und irgendwo anklopfen. Ich werde darüber nachdenken und Ihnen wieder davon anfangen. Für die Beilagen wäre mir ein Lied am liebsten, auch ein vierstimmiger Satz oder ein Chor; vier bis fünf Seiten könnte es etwa im Druck geben dürfen. (Ich bin wie der König von Hannover, der neulich auch der Kirchenmusik befohlen, binnen 12 Minuten fertig zu werden). Von mir erschien neulich eine Phantasie in C Dur (Op. 17 glaub’ ich) bei Breitkopf u. Härtel; sehen Sie Sich den ersten Satz an, mit dem ich seiner Zeit (vor drei Jahren) das Höchste geleistet zu haben glaubte – jetzt denke ich freilich anders. Diesen Sommer denk ich Quartette zu schreiben. Sie Glücklicher können sich ruhig ausspinnen; mir wird so viele kostbare Zeit durch die Zeitung genommen. Indeß bin ich noch jung. Kennen Sie nichts von Berlioz? Der ist der Tollste; hat nur zu wenig Schönheitssinn, enthält aber viel Wahres, selbst Tieferes. Wie ist es mit einem freien Aufsatz über Musikalisches? Ich möchte eine Novelle von Ihnen; wüßten Sie das nicht anzufassen? Verzeihen Sie meiner Feder, die gar zu schlecht. So Manches hab’ ich auf dem Herzen, das ich Ihnen einmal sagen möchte. Machen Sie keine Reise im Sommer? Noch Eines, wissen Sie nicht ob Bettina in Berlin lebt, und ihre genauere Adresse?
Herzlichen Gruß
Ihr
Schumann

Seiner Wohlgeboren
Herrn Componist
Hermann Hirschbach
in
Berlin
Neue Friedrichsstraße
Nro. 29.
frei.





".. op. 17 glaub' ich"
[Lagerkat. Liepmannssohn Nr. 174: XX.10.1910, S. 101; Los 1822 (gek.)]

  Absender: Schumann, Robert (1455)
  Absendeort: Leipzig
  Empfänger: Hirschbach, Hermann (715)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 17
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Korrespondenten in Berlin 1832 bis 1883 / Editionsleitung: Thomas Synofzik, Michael Heinemann / Herausgeber: Klaus Martin Kopitz, Eva Katharina Klein und Thomas Synofzik / Köln: Verlag Dohr / Erschienen: 2015
ISBN: 978-3-86846-028-5
264ff.

  Standort/Quelle:*) D-DÜhh, s: 90.5028/d/4
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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