Wohlgeborner Herr,
Höchstverehrter Herr Doctor,
Schon längst hat es mich gemahnt, Ihnen für die große Güte, durch die Sie mich so oft schon beglückt haben, einmal meinen herzlichsten Dank darzubringen; und fürwahr beschämt und schüchtern nah ich mich jetzt Ihnen, da ich dies immer noch nicht gethan. Wiederum haben Sie meiner freundlichst gedacht, indem Sie sowohl mich Theil nehmen ließen an dem heiligen Opfer, das Sie und Ihre hochverehrte Frau Gemahlin der Kunst am 8. d. M. brachten, als auch indem Sie mich durch Herrn Wenzel benachrichtigten, daß eine Stelle als Musiklehrer bei mehreren angesehenen Familien im Holsteinischen durch Ihre Vermittlung besetzt werden solle. Welchen Dank bin ich Ihnen schuldig für diese unverdiente Aufmerksamkeit, für diese ehrenvolle Auszeichnung! Dürfte ich Ihnen sagen, welchen Eindruck dies auf mich macht, oder welche Gefühle mich begeistern, wenn ich in Ihren Werken studire. deren hohen Werth ich tagtäglich besser erkennen lerne -- gewiß die Freude würde dann vielleicht auf Sie zurückwirken, wenn Sie die meinige sähen, deren Urheber Sie selbst sind, und Sie würden mich gern entschuldigen daß ich bis jetzt im Drange des äußeren Lebens die Äußerungen meines Dankes und meiner innigen Verehrung zu thun unterlassen habe. Daß Sie also Nachsicht haben und diese Zeilen gütig aufnehmen wollen, bitte ich Sie von ganzem Herzen! Was nun die Lehrerstelle anlagt, so werde ich selbige mit großem Dank annehmen, wenn ich nicht vor dem 1. April 1845 abreisen soll, und wenn ich außer dem bestimmten Jahrgehalt von 20 rh. freie Station haben werde. Dies wären meine Hauptbedingungen, ohne deren Erfüllung ich meine hiesige Stellung freilich nicht aufgeben kann, da diese mir so weit eine ziemlich sorgenfreie und angenehme Existenz bietet. Herr Wenzel wußte mir nicht zu sagen, ob man diese Bedingungen eingehen werde; ich wende mich deßhalb an Sie, verehrter Meister, mit der ergebensten Bitte, mich durch einige Worte gütigst wissen zu lassen, ob dies der Fall ist oder ob dies -- durch Ihre Vermittlung -- der Fall werden kann und sehe im Vertrauen, daß Sie Sich auch ferner meiner wie bisher annehmen werden, also einer geneigten Antwort entgegen. Alles Andere könnte später besprochen werden, wenn Sie mir eine mündliche Unterredung gestatten wollen. Mich Ihrem ferneren gütigen Wohlwollen empfehlend, wünsche ich Ihnen und Ihrer lieben Familie einen recht glücklichen Übertritt ins neue Jahr und verbleibe immerdar mit größter Hochachtung und innigster Verehrung
Ew. Wohlgeboren
ganz ergebenster
Alfred Dörffel
Leipzig den 31. Dec. 1844.
Adresse:
Markt, No. 13.
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