Lieber Schumann!
Habe vielen Dank für Deinen freundlichen Brief zu dessen Beantwortung ich jetzt nach sorgfältiger Erkundigung schreite. Die Conradsche Oper ist im vollsten Gange und wird, wie mir Rietz sagt, bestimmt im Laufe dieses Monats zur Aufführung kommen. Eben so bestimmt sieht man Deiner Ankunft zum 1sten Febr: entgegen, da die Proben zu Deiner Oper dann beginnen sollen. Sollte sich nun hierin noch irgend etwas ändern so setze ich Dich gleich davon in Kenntniß. Deinen Vorschlag mit dem Horn-Stück nehme ich dankbar an. Montag wollen mir die Hornisten das Stück einmal vorspielen, da werde ich hören ob sie ihm gewachsen sind u. ob wir es mit ihnen riskiren können. Könntest Du mir bis dahin, oder wenigstens <> gleich nach Empfang dieses Briefs den Clavier-Auszug schicken so wäre es mir sehr lieb. Tausend Dank Deiner lieben Frau für die Bereitwilligkeit in unserm Conzerte etwas zu spielen. Natürlich finde ich das es dur Concert v. Beethoven eine vortreffliche Wahl, nur gebe ich zu bedenken ob ein kürzeres Stück für diesen Abend nicht zweckmäßiger wäre, da der Oedipus gegen 1 ½ Stunden spielt u. wir den ersten Theil ziemlich kurz fassen müssen. Das Concert v. B., Dein Horn-Concert, eine doch unerläßliche Ouverture und 2 Gesangsstücke, um die Instrumentalstücke zu trennen, ist doch wohl zu lang. Ueberlege Dir's, lieber Schumann darüber können wir aber zwischen dem 1st und 11t Febr (wo das Concert seyn soll) noch gründlich bei einer guten Cigarre coiferiren. Ich höre von einem neuen schönen Clavier-Concert von Dir,<> wie wäre es denn damit? Von meiner Melancholie wie Du es nennst u. sonstigen Unwohlseyn bin ich curirt u. hoffe zu Deinem Herkommen ganz frisch u. musikmacherich [sic] aufgelegt zu seyn. Deine Fantasiestücke für Piano u. Clarinette gefallen mir ungemein; warum machst Du nichts für Geige u. Clavier? Es fehlt so sehr an was Gescheidtem Neuen und ich wüßte Niemand der es besser könnte als Du. Wie schön wäre es wenn Du jetzt noch etwas derartiges machtest was ich Dir dann mit Deiner Frau vorspielen könnte. Wäre ich Fürst Gallizin so bestellte ich einiges bei Dir à 100 Ducaten, bliebe sie Dir aber nicht schuldig. Thu's auch ohne dies, lieber Schumann, immer und ewig die a dur Sonate von Beethoven wird einem doch auch bald zu viel. Die Symphonie von Lührß, die Leipzig in Entrüstung gebracht hat, enthält höchst Bedeutendes, ich wünschte Du lerntest <> <S> sie kennen. - Es munkelt hier von einem Düsseldorfer Anerbieten an Dich, darüber werde ich wohl mündlich etwas von Dir hören. Joachim ist nach Paris, er spielt wunderschön u. ich glaube daß er pour la rareté du fait durch sein gutes gute-Musik-spielen Aufsehen machen wird. – Also Ihr prophezeit! Was ich bis jetzt aus dem Opus kenne kommt mir sehr dürftig, mitunter sogar, mit Respekt zu sagen niederträchtig vor, am allermiserabelsten aber sind Liszt’s Phantasieen, oder wie er sie arroganter Weise nennt: Illustrationen, daraus. Er spielte sie neulich Abends bei mir, und hätte er nicht vorher op 100 von Schuberth [sic] sehr schön gespielt so hätte ich ihm die Raser- und Sudelei nicht verzeihen können. Princesse Wittgenstein war mit da; das ist auch eine saubere Geschichte, lieber Schumann. Im Uebrigen ist er aber liebenswürdig jetzt, will zu Deiner Oper herüber kommen und geberdet sich ganz wie ein deutscher Capellmeister. – Herzliche Grüsse Deiner lieben Frau von Deinem treu ergebenen
Ferdinand David
Leipzig d 18. Jan. 1849
Morgen werde ich 40 Jahre alt, lieber Schumann, mir greuelt einigermassen vor meiner Ehrwürdigkeit.
[BV-E, Nr. 3821:] F. David. [Versand:] fr. [beantwortet:] NB.
|