23.01.2024

Briefe



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ID: 7540
Geschrieben am: Freitag 04.02.1870
 

Düsseldorf d. 4 Febr. 1870.
Verehrte liebe Freundin,
erst jetzt wird es mir möglich auf Ihren lieben Brief ein Dankeswort zu sagen. Ich glaube, hoffe, ich brauche Ihnen nicht mehr zu sagen, wie oft ich Ihrer gedenke, und so geschah es auch ganz besonders beim Jahreswechsel wo man seiner nächsten Freunde ja immer so ganz besonders innig und dankbar gedenkt. Ihr Brief war mir daher auch eine ganz besondere Freude, er brachte mir die Erfüllung, oder vielmehr den neuen Beweis Ihres Wohlwollens, und daß Sie dieses für mich in das neue Jahr übertrugen. Seit wir uns nicht sahen habe ich so Manches schon wieder durchlebt, Freudiges mehr als Trauriges, doch war mir Letzteres durch meinen armen Ludwig nicht erspart. Es ist eben immer das alte Lied, aber das Mutterherz empfindet es immer wieder neu schmerzhaft. Künstlerisch kann ich nur Gutes berichten, ich war in Wien auf Händen getragen, gab vier Concerte, von denen die beiden letzten so überfüllt waren, daß wir schon zwei Tage zuvor kein Billet mehr ausgeben konnten. Jetzt habe ich nun schon wieder hier und in Cöln einige Male gespielt, und am Mittwoch d. 9t reisen wir nach London ab. Ich gehe mit zitterndem Herzen, weil ich diesen Winter mehr denn je am Rheumatismus leide, so z. B. habe ich schon seit 6 Wochen einen steifen linken Arm, so daß ich mich nicht allein an und auskleiden kann – merkwürdigerweise aber genirt es mich nicht beim Spiel, nur verschlimmert es den Schmerz. In Wien hatte ich auch wieder einmal eine Attaque an einem Finger, so daß ich 14 Tage wieder nicht spielen konnte. Ich muß mich schon nächstes Frühjahr zu einer ordentlichen Cur in Gastein entschließen, und zwar rieth mir der dortige Arzt sehr schon im Mai zu kommen. Vieles hätte ich Ihnen noch zu erzählen, aber ach, wo die Zeit hernehmen zu Allem, was noch vor der Abreise geschehen soll. – Erzählen muß ich Ihnen aber doch noch, wie wir in Wien, wenn ich meine schönen Kleider anthat, zu einander sagten, wie dumm daß wir Diese nicht mit in Berlin hatten, unsere liebe Freundin wäre zufriedener gewesen mit mir, und als ich im letzten Concert das Schönste anthat, das Ihre Güte mir gespendet, und das gewiß auch in der Ausstattung Ihren Beifall gefunden hätte, da wünschten wir Sie gewiß herbei. – Jetzt aber leben Sie wohl mit dem lieben, verehrten Manne, und behalten Sie Beide lieb Ihre alte
Clara Schumann

Marie ruft mir herzlichste Grüße an Sie zu. Von Julie haben wir sehr gute Nachricht!!!
Grüßen Sie all Ihre Lieben sonst, und machen Sie mir auch in England ’mal die Freude eines Briefes, bitte, liebe gute Frau Lazarus. Adresse in London ist: 14 Hyde Park Gate, Kensington W. London.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Düsseldorf
  Empfänger: Lazarus, Sarah (918)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 18
Briefwechsel Clara Schumanns mit Korrespondenten in Berlin 1856 bis 1896 / Editionsleitung: Thomas Synofzik, Michael Heinemann / Herausgeber: Klaus Martin Kopitz, Eva Katharina Klein und Thomas Synofzik / Köln: Verlag Dohr / Erschienen: 2015
ISBN: 978-3-86846-055-1
186ff.

  Standort/Quelle:*) D-Buh, s: Nachlass Lazarus, II, 305
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 

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