Bremen d. 19//2 40
Verehrter Herr Avè,
wie wir es gedacht und gewünscht, so wird’s werden – Sonntag früh 9 Uhr werden wir wieder in dem Hamburger Hafen einlaufen, wenn nicht etwa die Elbe bis dahin zufriert, was man nach dem heutigen Wetter zu schließen beinah befürchten könnte. Jetzt lachen Sie mich wieder aus, doch sähen Sie nur das Schneewetter hier! Unsere Ueberfahrt war ganz glücklich und ich befand mich während der ganzen Zeit in der Cajütte ganz wohl und warm. Nun aber zur Hauptsache: sollte es sich wirklich arrangiren lassen, daß ich noch eine Soiree in Hamburg gebe, so kündigen Sie selbe nach Ihrem Gutdünken an, von Mittwoch an bin ich jeden Tag bereit. Es bliebe dann also bei der Fmoll Sonate und den Beschluß der Soiree wollte ich mit einer Fantasie von Liszt machen – wäre Ihnen das recht? und nun, wie ist’s, soll ich wirklich den schönen Stein auf mein Zimmer bekommen? ich muß noch einmal in Hamburg spielen und sollte es auf dem Theater sein! – Hier spiele ich heute, |2| daher auch meine unsichere zitternde Hand! (?) Freitag geb’ ich ein Concert und dann – Adio Bremen! ich <> habe bittere Stunden hier schon gehabt, durch die Cabalen und Intriguen meines Vaters, und so läßt Bremen eine schmerzhafte Erinnerung in mir zurück. Welch Herzeleid thut mir doch der Vater an! –
Jetzt will ich Ihnen aber nicht länger Zeit rauben, habe Ihnen so schon genug gekostet, darum Adieu, lieber Herr Avè! grüßen Sie Cranz, Gathy und vor Allen Sich Selbst von
Ihrer
Clara Wieck.
Lassen Sich Sich doch sehen Sonntag? der Quälgeist ist wieder da, ich kann Ihnen nicht helfen! –
Mutter grüßt Sie schönstens.
|3| Nachmittags.
Soeben kommt Ihr Schreiben, das mir einige Kopfanstrengung gekostet und wenn mich heute das Gedächtniß verläßt, so sind Sie daran Schuld. Jedoch Spaß bei Seite – ich sage Ihnen schönsten Dank für Ihren interressanten Brief, könnte ich ihn nur seiner würdig beantworten.
Also auf Dienstag ist die Soirèe angekündigt und ist mir ganz recht, obgleich sehr bald nach meiner Ankunft. Vor Sonntag kann ich durchaus nicht eintreffen, wird es dann doch beim Dienstag bleiben können? allerdings haben wir doch noch so Manches zu besprechen! Ich will Ihnen einstweilen eine Art Programm aufsetzen, damit Sie das wenigstens drucken lassen können.
<1)> Erster Theil. 1) Sonate F moll von Beethoven, vorgetragen ect. 2) Gesangstück. 3) a) Scherzo von C. W. b) Novellette von Robert Schumann (nicht Schumman) b) [sic] (?) da setzen Sie hin was Sie wollen, vielleicht Erlkönig noch einmal, oder Scarlatti?
Zweiter Theil. 4) <Gesangstück> Männerquartett (?) 5) Gesangstück. 6) Fantasie über Thema’s von Paccini, von F. Liszt, vorgetragen von C. W.
Da sie Subscription herumschicken, so hat es wohl Zeit, bis ich die Billette mitbringe? sollten Sie mir |4| etwas Wichtiges mitzutheilen haben, noch vor Sonntag, so schreiben Sie mir bis Sonnabend, Sie müßten dann den Brief Freitag auf die Post geben. Sonnabend Nachmittag reisen wir ab.
Jetzt will ich ein Mittagsschläfchen machen und mich körperlich und geistig stärken zu heute Abend.
Nochmals Adieu, und meinen herzlichsten Dank für alle die Mühen, deren Sie Sich mit so bewunderungswürdiger Freundlichkeit unterziehen.
Grüßen Sie Ihre liebenswürdigen Schülerinnen, die Kleine nicht zu vergessen, und führen Sie sie mir recht bald wieder zu – es soll mich sehr freuen.
Denken Sie Sich einen recht schönen Accord mit der None, als Gruß von C. W.
|