Leipzig d. 30/5 42 Montag.
Meine liebe Emilie,
wie hab ich mich gefreut Euch wieder in Deutschland zu wissen, was mir doch so ganz unvermuthet kam! – Du hättest wohl Grund mir zu zanken, das [sic] ich so lange nicht schrieb, doch mußt Du bedenken, daß ich 3 Monate auf der Reise war und da jedes Minütchen benutzte an meinen Robert zu schreiben, dessen größte Freude meine Nachrichten waren. Der arme Mann dauerte mich schrecklich so allein dahier, doch hatte er ja Mariechen, das liebe Kind – was hatte ich? Nichts. Ja, wirklich ging ich allein nach Kopenhagen (d. h. ohne Robert, aber doch mit einer Dame aus Bremen), trennte mich von Ihm, doch dies soll nie mehr geschehen so Gott will. Ich will Dir die ganze Sache erklären –, damit Du unseren Schritt begreifst. Ich war engagirt in Hamburg im philharmonischen Concert zu spielen, mein Mann sollte seine Symphonie in demselben Concerte aufführen, und so war es auch in Bremen. Wir reisten also nach beiden Städten und Robert hatte sich auf 3 Wochen von seiner Zeitung frei gemacht. |2| In Hamburg aber redete man uns außerordentlich zu Kopenhagen zu besuchen, auch bekamen wir von daher verschiedene Aufforderungen, so daß wir uns entschlossen, und zusagten, zugleich den Auftrag gaben mein Concert vorzubereiten. Als nun aber die Zeit herankam, so sah┐ Robert immer mehr die Unmöglichkeit ein seine Zeitung noch vielleicht 2 Monat in fremden Händen zu lassen; die 3 Wochen, auf die er sich eingerichtet <gingen> ┌waren┐ vorüber, und somit beschlossen wir die Reise aufzugeben; ich aber überlegte mir die Sache! ich bin eine Frau, versäume zu Hause nichts, verdiene nichts, warum sollte ich nicht meinem Robert auch einmal mit meinem Talente ein kleines Scherflein spenden? Konnte mir das Irgend Jemand verdenken? und meinem Manne, daß er zu Haus zur Kleinen und zu seinen Geschäfften ging? Ich schlug meinen Plan Robert vor, vor dem er zwar erschrack, endlich jedoch einwilligte, da ich ihm die Sache so vernünftig, als möglich vorstellte. Es war gewiß für eine Frau, die so ihren Mann liebt wie ich ein großer Schritt, doch, ich that es aus Liebe zu |3| ihm, und dann ist mir kein Opfer zu groß und schwer. Dazu kam nun noch, daß ich ein liebes Mädchen fand, die mit der grösten Freude sich erbot, mich zu begleiten; ein Mädchen aus einer der geächtetsten Familien in Bremen, und einer Umgebung, in der mich mein Mann gut aufgehoben wußte. Wir reisten an einem Tage von Hamburg ab, Robert nach Leipzig, ich über Kiel nach Kopenhagen – nie will ich diesen Trennungstag vergessen! – Uebrigens aber lief die Reise ausgezeichnet ab; in Kop. machte ich ein großes Glück, und fand eine Aufnahme, die mich wahrhaft erfreuen mußte, selbst von Hofe aus wur¬de mir die größte Auszeichnung zu Theil. Ich kannte noch keine Stadt, wo ich Alle, die ich kennen gelernt, so lieb gewonnen hätte, als dort, und stark gehe ich mit dem Gedanken um, bald mit Robert einmal dahin und nach Stockholm zu gehen. Ich <gab> war 4 Wochen in Kopenhagen, gab 3 Concerte im Königl Theater, spielte außerdem einmal für einen wohlthätigen Zweck und in einem Abonnement-Concert. |4| An den Hof war ich 2 mal gebeten; das erste Mal war großes Hofconcert, wofür mir der König ein Honorar von 100 Species schickte, das zweite Mal war ich bei der Königin allein (nur der König und eine Prinzeß waren zugegen) zum Thee (eine bedeutende Ehre, wie man mir sagte) und da war’s prächtig, wie unter Freunden. Am Tage meiner Abreise ließ mich die Königin noch einmal einladen zu sich, um mir Adieu zu sagen, wo sie mir dann, nachdem sie mir noch viel Liebes gesagt, eine wundervolle Broche mit Brillanten einhändigte. – Man redete mir sehr zu noch nach Stockholm zu reisen, doch es ließ mir keine Ruhe mehr, ich mußte zurück zu meinem Robert und meinem Engelchen, Robert hätte mich auch nicht weiter gelassen.
Die Seereise war beide Mal herrlich! das erste Mal ängstigte ich mich gar sehr, und mir wollte das Herz brechen, als wir so vom Lande abstießen – ich dachte „diesen Boden betrittst Du nicht wieder“ – und doch ich kam zurück, nicht wie ich gegangen, schmerzerfüllt, sondern mit freudigem Herzen, mit Lorbeeren geschmückt, und doch nicht ganz leerem Beutel. Nun genug von mir und zu Euch! –