Geehrteste Frau,
jeden der vergangenen Tage wollte ich Sie besuchen, wurde aber immer daran verhindert, und heute muß ich mich für’s Concert ruhig halten, daher schrifftlich eine Bitte; Sie nehmen so regen Antheil an meinen Unternehmungen, daß Sie mir Dieselbe gewiß gern gewähren. Könnten Sie mir nicht durch die Familie Sinai [sic], mit der Sie so sehr befreundet, einige Briefe an Banquier-Häuser in London verschaffen?
|2| Freilich wünschte ich sie aber nicht in gewöhnlich geschäfftlicher Weise, denn davon hat man gar keinen Nutzen sondern ist von den Tausenden, die da kommen, Eine. Der größte Nutzen für mich ist der, wenn ich Leute finde, die auch ein persönliches Interesse für mich haben, und wissen, daß ich in Deutschland nicht nur als Künstlerin, sondern auch als Gattin und Mutter geachtet bin. Ich weiß wie <>in England der moralische Ruf von Wichtigkeit – nun, Sie, verehrteste Frau, wissen |3| es am allerbesten, und werden meine Bitte deshalb nicht unbescheiden finden.
Das Unglück wollte neulich abermals, daß ich Ihrer freundlichen Einladung nicht folgen konnte. Nehmen Sie dafür, wie für Vieles Andere noch den herzlichsten Dank
Ihrer
wahrhaft ergebenen
Clara Schumann.
D. 7 Febr. 1856.
Ihrer liebenswürdigen Frl. Tochter meinen Gruß.
|4| Ihro Hochwohlgeboren
Frau
Baronin von Eichthal.
Wollzeile.
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