Hochverehrter Freund,
so eben erhielt ich einige Zeilen des Herrn Bibliothekar Eisert, daß Sie die Genovefa aufführen wollten, und ich möchte ihm meine Bedingungen nennen. Das setzt mich nun in große Verlegenheit, da, obgleich ich seit einigen Wochen wieder mit meinem theuren Manne correspondiere, ich ihn doch nicht mit irgend einer Sache beunruhigen darf. Ich wende mich nun vertrauensvoll an Sie. Sie kennen die Verhältnisse in Weimar, Sie wissen, was ich fordern kann, ohne das Maaß zu überschreiten, Sie wissen auch, daß wir auf die Verdienste durch unsere Kunst angewiesen sind, meine Sorgen jetzt auch nicht gering sind, und so rathen Sie mir, bitte! Ich weiß, daß Sie sicher mein Wohl im Auge haben. Wollen Sie die Güte haben mir sobald als möglich einige Zeilen zu antworten, damit ich den Herrn Eisert nicht zu lange auf Antwort warten laßen muß.
Ich denke am 14ten nach Leipzig zu reisen, und bleibe dort 8 Tage. Wäre es nicht vielleicht möglich, daß ich in der Zeit auch einmal in Weimar spielte? vielleicht bei Hof, oder ein eigenes Concert gäbe, oder im Theater spielte? vielleicht, daß Sie auch darin gütig meiner denken!
Entschuldigen Sie freundlich, daß ich Sie belästige und genehmigen die Versicherung der hohen Verehrung
Ihrer
ergebenen
Clara Schumann.
Düsseldorf d. 6. Oktbr. 1854.
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