Düsseldorf d. 6 Januar 1853
Geehrtester Freund,
in großer Verlegenheit befinde ich mich, was ich Ihnen antworten soll! wir haben große Lust zum 9 April zu kommen, mein Mann kann sich aber nicht entschließen ein bestimmtes Versprechen zu geben, weil er behauptet noch nicht wissen zu können, ob er gerade zu der Zeit wohl sein würde. Nun sage ich ihm immer, daß am Ende Krankheit jedes Versprechen von selbst aufhebt, er behauptet dann aber immer er fühle sich doch nicht so wohl ein Versprechen überhaupt zu geben. Was soll ich nun thuen? soll ich es Ihnen versprechen, daß wir kommen? denn, abgesehen davon, daß er sich nicht binden will, so sagt er mir doch, Sie möchten ihm zur Direction in dem Concerte, wo ich spiele, aufheben, was Sie wollten, es wäre ihm gleich, Ouvertüre oder Symphonie. Ich hätte es am liebsten, wenn er Beides dirigieren könnte! – Wie wäre es nun, wenn Sie es dafür annehmen daß wir kommen; im Nothfall, sollte wirklich Krankheit uns verhindern, bekommen Sie zum philharmonischen Concerte immer noch jeden Künstler, den Sie wollen. Was meinen Sie? – Robert sprach auch neulich |2| einmal davon, daß es schade sey, daß er nicht einmal in Hamburg ein Chorwerk von sich aufführen könne. Nun dachte ich so für mich daran, ob wir nach dem philharmonischen Concerte nicht ein Eigenes geben könnten mit Orchester und Chor, wo Robert die Rose, oder eine<r> seiner neuen Balladen aufführte? ich weiß nicht, ob Sie daran dachten, daß wir überhaupt ein eigenes Concert geben sollten?, aber ohne diese Aussicht, könnten wir die Reise doch gar nicht unternehmen, denn ich würde dann hier mehr an Stunden versäumen, als uns die Reise eintrüge. Sie werden Sich nicht wundern, daß ich von so materiellen Dingen spreche, wenn man aber 6 Kinder hat, muß man wohl daran denken! –
Ach, wie so gern käme ich, lieber Herr Avé – dann wollte ich auch mit Ihnen im G moll Trio schwärmen! Sie haben sehr recht, es ist wieder ein herrliches Stück! – Das „Schneller“ im ersten Satze spiele ich nach und nach schneller, und natürlich am Schlusse etwas weniger gezögert. – Nun sollten |3| Sie aber auch die 2te Sonate für Clavier und Violine kennen! das ist für mich die großartigste nach der Beethoven’schen in A, ich kenne wenigstens Keine Gleiche. Die würde ich Ihnen nun auch so gern mit Feuer und Flamme vorspielen!
Nun, lieber Freund, schreiben Sie mir, ob Sie mein einstweiliges Versprechen annehmen wollen? ich glaube es mit gutem Gewissen geben zu können! macht Einem der Himmel einen Strich durch die Rechnung, so kann man ja dafür nichts! –
Robert grüßt Ihr ganzes liebes Haus mit mir recht von Herzen! möge der Himmel Ihnen auch im neuen Jahre seinen Segen spenden!
In treuer Freundschaft
Ihre
Clara Schumann.