Düsseld. d. 26 Septbr. 1854.
Lieber Freund,
eher schon hätte ich Ihnen geantwortet, doch wollte ich Harriet’s Brief erst abwarten, den ich gestern erhalten. Ich bin denn mit Allem einver
standen, und komme spätestens d. 8 oder 9 Novem, entweder von Frankfurth oder Leipzig aus. Sie irren aber sehr, lieber Freund, wenn Sie glauben, ich werde nicht von meinem Robert spielen! – an Wem könnte ich mich denn mehr begeistern als an Ihm! und nun muß ich Ihnen es doch auch sagen – seit 14 Tagen correspondiere ich mit dem Geliebten, und welch herrliche Briefe erhalte ich von Ihm! das ist mir ein Glück, auf das ich nicht gehofft! gerade zu meinem Geburtstage am 13 Septbr. hat er meine ersten Zeilen an Ihn erhalten. Er hatte selbst nach Briefen verlangt, und so kam es. Die Briefe sind so, daß man es nicht glauben könnte, daß sie von einem Kranken, und doch, trotzdem er große Sehnsucht nach uns ausspricht, verlangt er doch nicht mein Kommen, welches mir ein Beweis, daß er sich noch nicht kräftig genug fühlt, |2| ein Wiedersehen zu ertragen. So muß ich mich denn recht in Geduld fassen, und gebe meinen Reiseplan nicht auf, ich kann ja durch Telegraphen jeden Augenblick Nachrichten haben, wenn er will, daß ich zu Ihm komme, und dann wird ja Nichts mich halten, jetzt aber muß ich handeln.
Ich bin hier bis zum 15 Octbr. wo ich nach Leipzig gehe; dort ist meine Adresse „abzugeben bei dem Herrn Director Preußer“ und jedenfalls bleibe ich dort bis zum 24ten. Was dann, das schreibe ich Ihnen später, oder, haben Sie mir Etwas mitzutheilen, zu schicken Sie nur nach Leipzig, von dort aus erhalte ich dann Ihre Zeilen nachgeschickt.
Von Concerten für das philharm. Concert schlage ich Ihnen vor Es dur und G dur von Beethoven, (Letzteres mir lieber, Ersteres passender für ein Hamburger Publikum) – das Concertstück von Weber dann vielleicht als 2te Nummer – das |3| ist mir schon recht. Ich kann aber auch statt des Beethov. Concert Eines von Mendelssohn, oder das von Henselt spielen. Schreiben Sie mir, welches Ihnen das Liebste. Das A moll vom Robert, habe ich das letzte Mal in H. gespielt, habe aber ein herrliches Concertstück von Ihm (Manuscript) das ich gern statt des Weber’schen dann spielte. Es wäre mir doch sehr lieb, schrieben Sie mir noch einmal hierher, was für Stücke Sie gewählt, und ob ich zwei Mal oder 3 Mal spielen soll – Sie rathen mir doch gewiß, wie es für mein Bestes.
Wollen Sie nun wohl so freundlich sein, Frl. Parish für ihren Brief und freundliche Einladung zu danken, ebenso Wolffs – ich kann aber Keine von Beiden annehmen, es genirt mich zu sehr! offen zu Ihnen gesagt, ich will mich gern anstrengen mit Concerten, Proben ect. aber dann will ich auch in meinen |4| vier Wänden thuen und lassen können, was ich will, und man wohne, sey es bei den besten Freunden, so ist man immer gebunden, wenn nicht durch sie, so legt man sich eben selbst die Gêne auf.
Ich komme mit einer Begleiterin, und bitte Sie dann ein nicht zu theueres Zimmer (wenn es ein Großes ist, so könnte ja eine spanische Wand vor die Betten gestellt werden, und ich brauchte dann nur ein Zimmer) oder ein Zimmer mit Schlaf-Cabinet zu bestellen. Vielleicht ließe sich accordieren, damit ich nicht gar zu sehr geprellt werde?
Verzeihen Sie doch ja meine schreckliche Schrifft, lieber Avé, ich bin aber innerlich immer so erregt, daß ich das Schreiben immer mehr verlerne.
Grüßen Sie herzlichst Ihre liebe Frau, von Frl. Leser soll ich das Freundlichste erwiedern. Bergs kommen erst im Dec. wieder.
Auf einige Zeilen bald hoffend
Ihre
Clara Schumann.
Wollen Sie noch Frl. Parish sagen, daß ein Wohnen auf dem Lande für mich ja ganz unmöglich ist, wenn ich Concert gebe – ich will Ihr das später mündlich auseinander setzen.
◊4Noch eine Bitte. Ist Julius Schubert in Hamburg? ist es der Fall, so bitten Sie Ihn doch in meinem Namen, ob er mir nicht zwei Exemplare des 4 händigen Album’s meines Mannes schenken will! ich möchte Eines für mich und Eines für meine Kinder, denen ich mein Exemplar nicht gern anvertraue. Er möchte dann so gut sein es mir gleich zu schicken, weil meine Kinder recht in Ungeduld harren.
Mit Lübeck bin ich gern einverstanden, wenn Sie gütigst Schritte thuen wollen.