Düsseldorf d. 1 Jan. 1855
Lieber Freund,
in nicht geringer Verlegenheit befinde ich mich, noch habe ich keine Antwort von Ihnen, und weiss nicht was ich thue. Ich kann nicht geringere Engagements annehmen, als vor’m Jahre, und soll ich nun auf’s Ungewisse hin nach Holland kommen, das kann ich nicht. Ein Pianoforte muss ich mitbringen, denn, finde ich auch in Rotterdam einen Erard, so habe ich doch in den anderen Städten kein Instrument. Das kostet viel, und weiss ich nicht, was ich thue. Wäre nicht vielleicht in Rotterdam ein Mann aufzutreiben, der den Transport und Stimmen meines Instruments überall besorgte? dann brauchte ich wenigstens keinen von hier mitzubringen. Herr Tours schrieb mir <gestern>heute, unter Anderem, dass er den Leuten, wenn sie nach meinen Honorars Bedingungen frügen, sagte, ich spiele für 150 Gulden; das finde ich doch sehr indiscret, da er doch weiss, dass ich es nur aus Rücksicht für Ihn, und weil |2| es für zwei Mal war, gethan habe. Ich verwundere mich sehr über diese Indiscretion. So eben schreibe ich auch nach Utrecht, dass ich, obgleich ich es früher versprochen, nicht unter 200 Gulden spielen kann – das Instrument kostet mich zu viel diesmal; das vorige Mal trug Herr Klems fast die Kosten bis auf einige 100 Gulden die wir bezahlten, dies Mal aber trägt er Nichts. Also, lieber Freund, bitte, denken Sie noch einmal ernstlich nach für mein Wohl, sagen Sie nur was ich thuen soll? In Rotterdam, versteht es sich von selbst, dass ich, wenn ich überhaupt komme zu den verabredeten Bedingungen spiele, aber nirgends in den anderen Städten, und in Leiden will ich’s thuen, aber nicht unter 150 Gulden. Wollen Sie diess Herrn Tours, der mich darum befrug, sagen, es wäre ja Unsinn setzte ich mich solchen Anstrengungen aus für solche Kleinigkeit, da stehe ich mich ja besser in den kleinsten |3| Städten Deutschlands.
Verzeihen Sie mir doch ja, lieber Verhulst, aber ich kann doch nicht anders, es lastet zu viel der Sorge auf mir, ich muss durchaus reiflich erwägen, was ich beginne.
Bitte schreiben Sie mir gleich!
Herzlich Ihnen Beiden das Schönste zum neuen Jahre wünschend bin ich wie immer
Ihre
getreu ergebene
Clara Schumann.
|4| Seiner Wohlgeboren
Herrn Musikdirector
Johann Verhulst
in
Rotterdam
Schiedam’sche Cingel.
Frei