Liebe Freundin,
Herr Behrendt hat Ihnen wohl schon mitgetheilt, daß ich mich entschlossen habe die beiden Herrn zu begleiten, obgleich ich noch immer nicht einsehen kann, daß nicht Brahms ein größerer Vortheil erwüchse in pecuniärer Hinsicht, wenn ich es nicht thäte. Doch künstlerisch sind wir Drei so Eins, daß es mir auch wieder Freude macht. Also wir kommen am Montag, reisen Abends nach unserer Soirèe noch ab, und sind dann wohl Montag Mittag bei Ihnen. Aber, liebe Freundin, nehmen Sie mir es übel wenn ich im Gasthof wohne? ich bringe Ihnen zu viel Unruhe in’s Haus! wir haben doch oft zu probieren, dann kommen die Herren oft zu mir, wir haben so Manches zu besprechen, verjagen Sie, liebe Frau, aus Ihren Räumen, kurz, ich stürtze [sic] Ihr ganzes Haus um und um, dazu ist Ihre liebe Frau Mutter jetzt nicht wohl, das ängstigt mich wirklich! ich kann ja doch kommen Sie öfter zu sehen! bitte, sagen Sie mir noch ein offenes Wort, ob es nicht besser so ist, wie ich es Ihnen vorschlage?
Wollen Sie Heinrich Behrend von mir grüßen – ich hätte Ihm gern auf seinen lieben freundschaftlichen Brief geschrieben aber ich habe zu viel zu thuen. Sonntag haben wir Soirèe. Morgen sind wir in Potsdam – ich habe wirklich kein Viertel Stündchen für mich, als wenn ich etwa früher aufstehe, sowie heute, wo ich Ihnen denn herzlichsten Guten Morgen noch zurufe.
Grüßen sie all die theueren Ihrigen
Ihre
ergebende [sic]
Clara Schumann.
Berlin d. 6 Nov. 1855
Unser Concert am Sonnabend ist schön von statten gegangen, es glückte Alles recht nach Wunsch. Mein guter Mann macht jetzt die Berliner warm.
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