Lieber Freund,
so eben erhielt ich von Wien Nachricht, und zwar, daß man mir Logie vom 1ten an gemiethet, und mein erstes Concert am 7ten stattfinden soll; ich muß also, da ich in Leipzig nothwendig einen Tag bleiben muß wegen einer wichtigen Angelegenheit, am 26 oder 27ten hier abreisen, und da gerade in den Tagen in Hannover nichts mit Concert sein kann, so wollen wir es lassen, bis ich zurückkehre. Ich werde Sie nun wohl nur einige Augenblicke am Bahnhof sehen, wenn nicht Sie uns am 24ten überraschen. Bliebe ich den Nachmittag und die Nacht in Hannover, so verliere ich dadurch einen ganzen Tag. Grimm, der eben zu Ihnen will, bringt Ihnen diese sehr eiligen Zeilen, die Sie wie so manche schon, freundlich entschuldigen wollen. Haben Sie nun meinen Brief erhalten? Die Nachricht vom Arzt war wie die letzte, beruhigend, soweit es überhaupt jetzt möglich, aber leider wollen sie keinen Besuch jetzt zugeben. Was hofften wir doch Alle vor’m Jahre um diese Zeit, in welch freudiger Aufregung waren wir, wie versprachen wir uns da diesen Weihnachten ein herrliches Wiedervereinigungsfest! wie so anders ist es gekommen! Bleibt mir nur die treuen Freunde, die Ihr mir bis jetzt wart, so werde ich mich doch noch immer reich schätzen.
Wie immer und immer
Ihre
treu ergebene
Clara Sch.
Düsseld. d. 19 Dec. 1855
Johannes grüßt schönstens. Er jammert, daß er seine Bücher noch nicht hat.
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