Pest d. 27 Febr. 1856
Liebster Joachim,
einen herzinnigen Gruß aus Ihrer Vaterstadt muß ich Ihnen doch noch sagen, wo ich so viel an Sie gedacht! – Sie werden jetzt bereits wissen, daß ich die Ihrigen längst bevor Ihren Zeilen kannte! meinen Sie, ich würde mit dem Besuche der Ihrigen gewartet haben, bis Sie sie mir zuführten? können Sie Sich denn durchaus nicht denken, wie nahe Sie meinem Herzen stehen, wie sehr lieb ich Sie habe, und daß meine nächste und schönste Beziehung hier in Pest Ihre Eltern sein müßten? so waren sie denn auch die Ersten, die ich besuchte, leider aber nicht sah. Mein Aufenthalt hier war kurz, und so sehe ich Ihre liebe Peppi denn eigentlich heute beim Abschiedsbesuch zum ersten Male ordentlich. Ihr will ich diese Zeilen bringen. Wie gut ist es mir hier gegangen! mündlich mehr darüber! ich habe drei brillante Concerte gehabt, die mir mit zweimaligem Besuche der Erzherzogin Hildegard, und Spiel daselbst 1500 Gulden Münz (also 1000 Thaler) Ueberschuß brachten. Ich sollte durchaus fortfahren mit Concerten, doch mein Gefühl sagt mir immer (glaube ich ganz richtig) wenn’s am schönsten ist aufzuhören! – Hätten Sie doch hier sein können, Sie hätten Sich gefreut zu sehen, wie auch hier Robert anfängt durchzugreifen. Für Ihn wurde mir heute nach dem „Carnaval“ ein Lorbeerkranz überreicht – ich war tief ergriffen. Bald sehe ich Sie; die Gräfin Bernsdorff schrieb mir sehr lieb – danken Sie Ihr, bitte, für die herzlichen Zeilen. Ich bleibe wohl 1/2 Tag bei Ihnen, vor England Sie zu sehen. Ob Sie wohl heute meine Kinder erwartet haben? Mit wie schwerem Herzen dachte ich heute an die Mädchen! Hier steht in allen Blättern, daß Sie verlobt – ich verneine es gegen Jedermann entschieden, glaube es auch nicht, ich kann mir nicht denken daß Sie meinem Herzen die Kränkung thäten, mich dies durch die Blätter zuerst erfahren zu lassen. Ich habe Etwas von Ihnen, was mich innigst freut! den kleinen Josef als er 13 Jahr alt war, wie ich Ihn das erste Mal sah. Freilich aber wie ich Ihn jetzt kenne ist er mir noch 1000 Mal lieber und so bin ich denn <>
wie immer Ihre
getreue
Clara Schumann.
Sprechen Sie über meine Einnahmen nicht, Sie wissen wohl die Leute sprechen gleich von Schätzen, und bedenken nicht meine Verpflichtungen.
|