Heidelberg d. 15 Septbr. 1856.
Geehrter Herr,
es war mir nicht eher möglich Ihre freundlichen Zeilen zu beantworten. Ich bin seit 5 Wochen auf einer Reise zu meiner Erholung, finde aber erst hier einige Ruhe zum Schreiben, obgleich die dazu gehörige innere Ruhe noch nicht, denn unendlich schwer wird mir das Schreiben jetzt. Für Ihre theilnehmenden Worte nehmen Sie meinen herzlichen Dank, freilich, was ich verlor, kann nur Der wissen, der meinen Mann |2| kannte, als Mensch, denn Einer der Herrlichsten war er! – Der beglückende Trost, daß ich Ihn noch sah, von Ihm noch erkannt und noch einige liebevolle Blicke von Ihm empfing, muß mich durch’s Leben begleiten, Muth und Krafft mir geben. Für das übersandte Blatt, danke ich Ihnen freundlich! ich erkenne mit ganzem Herzen Ihren guten Willen, Ihre Freundschaft für mich, im Uebrigen aber wissen Sie, daß mir Zeitungen ziemlich gleichgültig, so würde es mir z. B. nie einfallen daran zu denken was Diese oder jene Redaction von mir sagt, nie könnte es mich auch nur im mindesten betrüben, wollten sie meine Leistungen nicht anerkennen. Was liegt daran? ist das, was der Künstler dem Publikum |3| giebt (dem er mehr oder weniger doch, und sey er der Beste, hier und da schmeicheln muß) maaßgebend? bewahrt der Künstler nicht das Herrlichste, Heiligste sich selbst und wenigen Freunden? wie kann ein Redacteur, der den Künstler nur dann und wann hört, Ihn nicht belauscht in seinem stillen, inneren musikalischen Wandel, beurtheilen? <> könnte ich mir nicht sagen, daß die ganzen Programme zusammengenommen nur ein kleiner Theil von dem sind, was ich in meinem Leben studiert, wie armselig müßte ich mir selbst erscheinen! <> Mein Streben ist nur immer mehr das Göttliche in der Kunst <zu> empfinden zu lernen, |4| immer würdiger es wiederzugeben, und befriedige ich meine musikalischen Freunde, so ist mir das genug. Den Beifall des Publicum’s nehme ich dankbar als freundliche Zugabe im Künstlerleben. <> Ich denke Sie kennen mich so weit, dies nicht mir als Stolz anzurechnen, <nur> sondern nur als ein Gefühl, das eben gute Künstler theilen.
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