23.01.2024

Briefe



Rückwärts
	
ID: 8981
Geschrieben am: Montag 10.05.1858
 

Berlin d. 10 Mai 1858.
Liebes Käthchen,
wie sonderbar, ich wollte gerade in diesen Tagen an Sie schreiben einer besonderen Angelegenheit halber, da erhielt ich die freudige Botschaft Ihrer Verlobung. Von ganzem Herzen wünsche ich Ihnen alles Glück. Es würde mich sehr erfreuen von Ihnen Näheres zu erfahren, wann Sie Hochzeit zu machen denken, ob Ihr Bräutigam Musik-Liebhaber, ob Sie von Augsburg fort gehen, kurz, etwas Ausführlicheres. Ich habe es gleich Nettchen mitgetheilt, |2| die sich auch sehr freuen wird. Nun, liebes Käthchen kommt meine Bitte.
Sie wissen ich hatte sechs Bände Orlando di Lasso bei Herrn Bütsch gekauft, und gehofft meinem Freunde Brahms eine Freude damit zu machen; ich hoffte, er würde mir das selt’ne Werk gern abnehmen ect. leider aber stellte es sich heraus, daß er Dasselbe bereits besitzt. Ich habe mir alle Mühe gegeben es hier zu verkaufen, doch ist hier gar kein antiquarischer Betrieb. Wollen Sie nun wohl die Freundlichkeit für mich haben zu Bütsch zu gehen, und ihn zu bitten, ob er das Werk zurück nehmen will? ich schicke es natürlich |3| franco zurück, und will auch daran sonst verlieren. Sie werden ja bald sehen, wie er gestimmt ist; will er sich nicht zu einer Wiedergabe des Geldes verstehen, so sendet er mir vielleicht seinen Musik-Katalog, und ich kann das Werk gegen Andre umtauschen. Die Sache liegt mir recht am Herzen, es ist doch kein Spaß mit den Büchern dazusitzen, die mich über 18 Thaler gekostet; bitte, liebes Käthchen, besorgen Sie mir das. Wollen Sie Herrn Bütsch sagen, daß ich erst jetzt hier verweile, und sobald ich etwas zur Ruhe käme seinen Freund ausfindig zu machen suchen würde. Könnte ich später Etwas für Denselben thun, sollte es gern geschehen.
Mir geht es so weit leidlich äußerlich wenigstens, doch an |4| meinem Herzen nagt der Kummer um das verlorne Glück, und immer mehr fühle ich, daß es nie anders werden kann. Meine Kinder sind munter und die beiden Aeltesten schon große Mädchen.
Im Juni gehe ich nach Wiesbaden, und Anfang Juli nach Göttingen, wo ich den übrigen Theil des Sommers verleben werde. Dorthin werden Brahms und Joachim später auch kommen, und wird es dann vielleicht ein recht musikalisches Treiben, auch ist die Natur ganz hübsch da.
Nun, liebes Käthchen, grüßen Sie den glücklichen Bräutigam, die glücklichen Eltern, und seyen Sie mit den innigsten Wünschen für Ihr Glück umarmt von
Ihrer
Clara Schumann.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Berlin
  Empfänger: Then, Käthe, verh. Bezold, Käthe (3026)
  Empfangsort: Augsburg
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 8
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit der Familie List und anderen Münchner Korrespondenten / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Ekaterina Smyka / Dohr / Erschienen: 2022
ISBN: 978-3-86846-019-3
1174ff.

  Standort/Quelle:*) D-Zsch, s: 10396,1-A2
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



Wir verwenden Cookies, um Ihnen den bestmöglichen Service zu gewährleisten (Mehr Informationen).
Wenn Sie auf unserer Seite weitersurfen, stimmen Sie bitte der Cookie-Nutzung zu. Ich stimme zu.