Düsseld. d. 9 Octbr 1858.
Lieber Herr Radecke,
ich kann Ihnen nicht sagen, wie schrecklich leid es mir thut Ihren Wunsch nicht erfüllen zu können. Wie konnte ich aber denken, daß Sie Ihr Concert verschieben, meine Mitwirkung ankündigen würden, ohne daß Sie mich mit einer Zeile davon benachrichtigten. Auch erhielt ich weder Partitur noch Clavierstimme des Tripel-Concert – ich kenne es ja gar nicht, habe es nie studiert! Woldemar wußte doch, daß ich recht sehr unwohl, bis vor wenig Tagen noch ganz unfähig zum Spielen war. Er schrieb mir am 29ten Septbr. Sie hätten Lust Ihr Concert Mitte Octbr. zu geben. Erst am 4ten gab ich mein Versprechen in Cöln, Elberfeld und hier, und überlegte mir, da ich nichts gehört, daß Ihr Concert wohl beim 24ten geblieben, und ich ganz bequem dazu in Berlin sein könnte. Hätten Sie mir doch nur ein Wort gesagt, ich hätte bestimmt, hätte ich eine Ahnung gehabt, Alles hier im Stiche gelassen, um mein Wort zu halten, daß [sic] mir immer und zu jeder Zeit heilig. Können Sie es noch verschieben, so verspreche ich mich Ihnen vom 23–29ten d. M. zu Ihrer Dispositon; ist es nicht möglich, so sagen Sie dem Publicum, ein plötzliches Unwohlsein habe mich [an] meiner Rückreise nach Berlin verhindert ect. Ich war heute doppelt bestürzt über Ihren Brief, als meine Tochter gestern schrieb, Sie wollten Ihr Concert früher (den Tag schrieb sie noch immer nicht) geben, und das Tripel-Concert, wenn ich nicht könne, selbst spielen. Das mußte ihr doch mein Bruder gesagt haben! Es ist mir unbegreiflich daß Sie [da Sie das Concert früher geben wollten] mir nicht schrieben, schon als Sie hörten ich war unwohl. Wie gern ich Ihnen gefällig bin Ihnen zu beweisen werden Sie mich immer bereit finden – meine sofortige Zusage zum 24ten könnte Ihnen schon Beweis sein.
Ist keine Möglichkeit, das Concert zu verschieben? wie sehr hatte ich mich auf das Tripel Concert gefreut.
Im aufrichtigsten Bedauern –
Ihre ergeb
Clara Schumann.
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