Düsseldorf d. 24 Octbr. 58.
So eben, geehrter Herr Radecke erhielt ich Ihren Brief, und freue mich, daß Ihr Concert so glücklich von statten gegangen. Daß ich Ihnen einen Querstrich machen mußte, that mir gar zu leid, doch hatten Sie dies lediglich nur Sich selbst zuzuschreiben, und wäre ich nicht gar zu weit entfernt von kleinlicher Empfindlichkeit, so hätte ich ja wohl Grund gehabt, Ihnen deshalb recht bös zu sein, denn es war ja doch eine Vernachlässigung Ihrerseits gegen mich. Nichts destoweniger finden Sie mich bereit Ihren Wunsch für das 2te Concert zu erfüllen, nur ist das Wann noch eine schwer zu beantwortende Frage! mein erstes Concert in Wien sollte nämlich d. 8ten Nov. sein, jedoch ist mir dies gar zu bald, da ich so spät nach Berlin zurückkehre, und habe ich deshalb erst ein Engagement auf d. 14ten fest angenommen, und gebeten, den in Beschlag genommenen Saal f. d. 8ten abzugeben. Ob das aber geht, erfahre ich erst frühestens nächsten Donnerstag. Ich glaube es, kann es aber doch nicht fest voraussehen! für den Fall brauchte ich allerdings erst den 5ten spätestens 6ten Nov. abzureisen. Nachdem ich mir die Sache eben noch überlege finde ich, daß ich doch keinenfalls d. 8ten schon in Wien spielen kann,[es wird eine Hetzerei] so nehmen Sie denn mein Versprechen als fest, daß ich Ihnen spiele und zwar das Gmoll Concert v. Mendelssohn, wenn das Concert nicht später als d. 5ten ist, denn am 6ten muß ich durchaus abreisen. Ich bitte Sie aber um baldige Antwort hierüber. Senden Sie sie nur nach meiner Wohnung – ich denke in den nächsten Tagen einzutreffen – wo nicht, wird sie mir gleich hierher gesandt. Ihr Concert-Programm ist herrlich! die Stimmen stehen Ihnen zu Gebote, Woldemar kann nachsehen was da ist, ich meine sie vollständig zu haben. Die Eile entschuldige meine Schrift – ich habe große Anstrengungen gehabt, und noch die nächsten Tage.
Mit schönem Gruße
Ihre
ergebene
Clara Schumann.
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