23.01.2024

Briefe



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ID: 9228
Geschrieben am: Sonntag 10.02.1861
 

Düsseldorf d. <9>10 Febr. 1861

Lieber Joachim,

wie viel habe ich heute an Sie gedacht, wie innig gewünscht, daß Ihnen Alles recht nach Wunsch gehen möge. Welche Sehnsucht erfaßte mich heute Mittag – hätte ich doch nur ein Weilchen lauschen können! Bald hoffe ich von Ihnen einige Worte zu hören, muß aber diese Zeilen doch früher abschicken, weil ich Ihren lieben Eltern so gern auch meinen Glückwunsch senden wollte. Ich möchte so gern, daß Sie gerade an dem Tage, wo Ihre Eltern ein so herrliches, seltnes Fest begehen, auch meiner einmal gedächten, die mit so vollem Herzen unter Ihnen ist. Welche Seligkeit muß es doch sein, solch Fest zu erleben! und wie freue ich mich für Ihre Eltern, daß sie an dem Tage auch Sie bei sich haben – der Gedanke an Ihrer Eltern Glück erleichtert Ihnen auch gewiß Manches. Ihren lieben Brief nach Detmold erhielt ich, und danke für Alles – so hat sich ja die Sache in Wohlgefallen aufgelöst! – Ich will übrigens der v. Gablentz einige Worte des Dankes für Ihre Majestäten schreiben. Der Aufenthalt in Detmold wird mir um Eines unvergeßlich sein. Ich benutzte dort die Gelegenheit des Orchesters, und <> lernte die Concerte in G dur und A dur von Mozart kennen. Gejubelt und geweint habe ich dabei. Bis mir die Thränen bei der Musik kommen, da muß sie schon herrlich sein – das Adagio im G dur Concert, welche Himmelswonne ist das, und die ersten Sätze, und im A dur der letzte Satz, welch frisches Leben in all den Instrumenten, was ein Reichthum an Gemüth und Humor! hätte ich nur Einen noch gehabt, der mit mir gejubelt hätte, – solche Lust allein tragen ist auch schwer. Wie betrübt ist es, daß das Publikum bei solcher Musik beinah theilnamlos [sic] bleibt, und es brauchte doch weiter nichts als natürliches Empfinden. Für das Programm schönsten Dank – noch mehr dafür, daß Sie daran gedacht. Ihre Schwester grüßen Sie doch ja recht herzlich von mir, auch von Marie, die mir’s eben zuruft. Wie geht’s der Tochter? Bitte, lieber Freund, lassen Sie mich von Sich hören – können Sie nicht selbst schreiben, so tragen Sie es Anderen z. B. Drahtschmidts auf, ich weiß ja aus Erfahrung wie beschäfftigt man in solcher Zeit ist – ich konnte nur immer schreiben, wenn ich mich einschloß. Ihre liebe Schwester thut es gewiß von Pesth aus! Noch eine Bitte, wenn Sie Frl. v. Asten (Julie) sehen, seyen Sie ihr freundlich; die Arme wird Ihnen von ihrem Unglück mit dem Arm erzählen; grüßen Sie sie von mir, und sagen ihr, daß ich alle ihre Briefe erhalten, und mich immer herzlich freue Nachrichten von ihr zu erhalten, jedoch zum Wieder-Schreiben keine Zeit habe. Am 22ten gehe ich nach Brüssel – Adresse: chez Mr Meerens, Rue des Parvissiens Nro 5, Magasins des Pianos de Herz. Recht herzlichen Händedruck von Ihrer getreuen
Clara Sch.

Ich soll Sie hier von Allen sehr grüßen.

Ein Bekenntniß muß ich Ihnen noch thuen: so gern hätte ich Ihnen mündlich, als wir uns jetzt sahen, meinen Dank für Ihren Weihnachtsbrief ausgesprochen, viele Male setzte ich an dazu, <> dann fühlte ich aber jedes Mal, als ob <> mir die Stimme versage, kurz ich fühlte mich weich werden, und schwieg dann. Sie wissen aber, wie mit der Freundschaft auch der Dank für alles Liebe in mir immer lebt. Von Johannes hatte ich liebe Briefe – Sie können denken wie ich in Detmold bei der Musik und im Walde seiner gedacht habe. Er schrieb mir gestern, die Concerte von Mozart seyen wie aus einem Jungbrunnen
geschöpft.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Düsseldorf
  Empfänger: Joachim, Joseph (773)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 2
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Joseph Joachim und seiner Familie / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Klaus Martin Kopitz / Dohr / Erschienen: 2019
ISBN: 978-3-86846-013-1
587-590

  Standort/Quelle:*) D-Zsch, s: 6408-A2
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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