Berlin d. 5 Jan. 1862.
Verehrter Herr,
Sie werden mich freundlich entschuldigen wenn ich mich mit einer Anfrage an Sie wende.
Ich habe für den 9ten Febr. ein Engagement in Basel angenommen; mein Weg führt mich da so ziemlich nah an Stuttgart vorüber, gern spielte ich da einmal wieder; jedoch hätte ich lieber ein Engagement, als daß ich ein eigenes Concert gäbe. Als ich vor einigen Jahren dort war, bestanden Abonnement-Concerte im Theater, und wurde ich von |2| Künstlern aufgefordert in einem solchen Concerte im Theater zu spielen und zwar meines Mannes Concert. Damals schlug ich es aber ab, weil man mir allgemein versicherte, daß Kücken dies Concert unmöglich dirigieren könne. Meine Anfrage an Sie wäre nun, ob es sich jetzt vielleicht auf diese Weise arrangiren ließe, daß ich in Stuttgart einmal wieder spielte? ich könnte in der Zeit vom 1–7 Febr. es für jeden Tag einrichten, wenn ich es bei zeiten wüßte.
|3| Daß Sie Wien verlassen, hat mir sehr leid gethan, und recht sehr werde ich es bald <erfahren[?]> empfinden, wenn ich im März nach Wien gehe, und dort alle die herrlichen Genüsse entbehre, die Sie durch die wundervollen Concerte ect. schufen. Herzlich freuen würde ich mich, sähe ich Sie bald in Stuttgart. Ich hoffe, Sie finden es nicht zu unbescheiden, daß ich Sie mit diesen Zeilen belästige, aber Sie haben mir ja so manchen Beweis Ihrer freundlichen Gesinnung gegeben, und werden mir |4| gewiß gern behilflich sein zur Realisirung meines Wunsches.
Einer gefälligen Antwort recht bald entgegensehend grüße ich Sie, verehrtester Herr Capellmeister, herzlich und hochachtungsvoll
Ihre
ergb
Clara Schumann.
Adresse: „Berlin, Schöneberger Ufer Nro 22“ (bis zum 10ten d. M.) vom 11ten an: „Düsseldorf bei Frl. Rosalie Leser.“
|