Frankfurth d. 27 Octbr. 1863.
Lieber Stockhausen,
heute nur meinen Dank für Ihren lieben Brief, und Ihre freundlich schöne Aussicht auf die Dichterliebe! Es wäre mir aber sehr lieb, theilte mir Avé mit, wann er denkt, daß ich meine Soiree geben kann? ich soll nach Schwerin und Braunschweig, muß jetzt Alles bestimmen, möchte aber nichts thun, bevor ich Bestimmtes von Hamburg weiß. |2|Bitte also möglich umgehend um ein Wort – sagen Sie es Avé, der hat mehr Zeit als Sie. Mit den Symphonie-Tempi’s beunruhigen Sie Sich eben so wenig, als ich, wenn Sie sie dirigieren. Ein Musiker wie Sie wird nie einen Mißgriff machen. Leider sind die Metronom’s verschieden – ich habe neulich diese Symphonie mit dem Härtelschen Metronom verglichen, und die Tempi’s durchaus nicht zu rasch gefunden, sondern ganz so, wie mein Mann sie einstudierte. Das |3|Scherzo z. B. nahm er sehr mäßig, damit alles deutlich heraus käme. Ich hoffe, ich höre die letzte Probe, und sollte mir ein Tempo auffallen, so erlaube ich mir den Dirigenten mit einer leisen Kopfbewegung darauf aufmerksam zu machen! – Ich habe wieder schrecklich zu thun, stecke in Soiree- Arrangements – Eine ist glücklich vorüber, die Zweite Freitag, dann folgt vielleicht ein Concert in Mannheim. Avé grüßen Sie schönstens – er soll mir hierher adressieren: bei Herrn Dr Aloys Schmitt, 6, Taunusstraße. ich bleibe |4| hier bis 1 Nov., von dann ist wieder in Düsseld. R. Leser meine sicherste Adresse. Ich bringe Julie dorthin zu Bendemanns, und komme von dort nach Hamburg. Noch eine Bitte, bestellen Sie im Hôtel zwei Zimmer für mich, am liebsten, die ich schon hatte, und zwar am 11ten Abends. Sollte der Flügel eher kommen, so lasse ich bitten ihn in meinem Zimmer aufzustellen; und, sollte sonst etwas an mich kommen, Koffer von hier aus per Fracht, so bitte ich Hrn: Reuter sie zu verwahren, bis ich komme. Der arme Kirchner war recht unwohl, hat mir viel Sorgen gemacht – jetzt geht es ihm wieder besser.
Mit herzlichen Grüßen
Ihre Cl. Schumann.
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