Düsseldorf d. 30 Mai 1864.
Geehrter Herr,
mit einer Anfrage wende ich mich an Sie – leider war meine letzte Anwesenheit in Berlin so kurz, daß ich Ihnen nicht persönlich meinen Besuch machen konnte. Ich habe einen Sohn von 15 Jahren im Joachimsthal bei Herrn Dr Planer, und möchte denselben im Clavierspiel unterrichten lassen; freilich kann er seiner gymnasiastischen Studien halber nur wenig üben, jedoch möchte ich ihn nicht ganz und gar aufhören lassen. Der junge Herr Rudorff war bisher so freundlich sich mit ihm musikalisch zu beschäftigen, derselbe verläßt jedoch Berlin häufig, und übt der unregelmäßige Unterricht doch immer seine nachtheilige Wirkung. Man rieth mir bei Ihnen anzufragen, ob er in Ihr Conservatorium, oder unter die Anleitung eines Ihrer Schüler treten könnte? freilich erlauben mir meine Verhältnisse keine zu großen Ausgaben, ich könnte kaum die Privat-Stunden höher als mit 15 Sgr honoriren. Ich weiß nicht, ob Sie Schüler in Ihrem Conservatorium aufnehmen, wenn sie sich nur auf das eine oder andere Instrument beschränken? mein Sohn würde sich eben nur Mittwochs und Sonnabends Nachmittag frey machen können. Bitte, verehrter Herr, ertheilen Sie mir einen Rath, und, falls Sie ihn aufnehmen könnten, welches die Bedingungen? Meine Mutter hat es übernommen, weiteres mit Ihnen zu besprechen, wenn Sie nur so freundlich sein wollen, ihr eine Stunde zu bestimmen, wo sie Sie zu Hause trifft? ihre Adresse ist: Berlin, Leipziger Platz Nro 3, im Hofe, 3 Treppen hoch.
Indem ich Ihnen im Voraus meinen freundlichen Dank sage, zeichne ich mich hochachtungsvoll
Ihre
ergebene
Clara Schumann.
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