23.01.2024

Briefe



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ID: 9453
Geschrieben am: Donnerstag 02.06.1864
 

Düsseldorf d. 2 Juni 1864.

Lieber Stockhausen,
bin ich gleich sehr beschäftigt, da ich morgen von hier abreise, so muß ich Ihnen doch ein Wort der Theilnahme sagen. Ihre Mittheilung heute hat mich erschreckt! wohl erinnere ich mich, daß Sie ein’ mal sagten, Sie dürften nie eine Protestantin heirathen, da es nun doch geschehen soll, so setze ich voraus, daß Ihre Eltern alles zugegeben. Ich muß gestehen, daß ich böse darüber bin, wie Eltern im Stande sind ihren Kindern das schönste Fest des Lebens zu einem wehmüthigen zu machen, denn das muß es unter solchen Verhältnissen werden, wenn nicht, was ich noch hoffe, Ihre Eltern sich nach Ihrem Briefe noch eines Besseren besinnen. Ich finde es aber im anderen Falle sehr recht, daß Sie es so, wie Sie beabsichtigen, machen, und eine Zivilehe, als eine Verpflichtung eingehen gegen Ihre innerste Neigung; und dazu erschwert es der Mutter die Erziehung der Kinder, die doch immer mehr ihr als dem Manne, der seine Wirksamkeit nach Außen übt, zufällt, oft außerordentlich, wenn sie anderer Religion sind, es kommt sogar vor, daß die Töchter, wenn sie älter werden, nie zu einem innigen Verhältniß zu der Mutter kommen, schon weil die Pfaffen das ihrige dazu thuen. Ich habe dies mehrfach bei Bekannten erfahren. Wie sehr sehr leid thut mir das für Sie Beide! Gott gebe einen besseren Ausgang, als Sie es fürchten. Kirchner ist nun wohl schon bei Ihnen, so schrieb er mir wenigstens, und Rudorff wohl auch? ich werde Sie am 8ten und 10ten im Geiste begleiten mit meinen innigsten Wünschen – wird wohl der Sänger am 8ten auch ´mal seines Dichters gedenken? Dank Ihnen und Ihrer lieben Braut für das Bild, grüßen Sie Letztere – Sie werden doch wohl ´mal Baden im Laufe des Sommers berühren? was haben Sie überhaupt vor? Bald hoffe ich durch Kirchner Näheres über Ihre Pläne zu hören, und dann vor allem, daß die trüben Schatten geschwunden, und Sie recht beglückt dem Sommer entgegen sehen. Leben Sie wohl, lieber Freund, und lassen Sie auch bald direct hören wie es Ihnen geht
Ihre
alt ergeb
Clara Schumann.

P.S. Bitte, sagen Sie Kirchner, daß ich seinen Brief erhalten, und ihm nächster Tage einige Zeilen durch Friedchen Wagner sende - Sie will ich jetzt nicht in Anspruch nehmen. Grüßen Sie doch Ihren Bruder Franz auch.

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Düsseldorf
  Empfänger: Stockhausen, Julius (1547)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 7
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Jenny Lind-Goldschmidt, Wilhelmine Schröder-Devrient, Julius Stockhausen, Pauline Viardot-Garcia und anderen Sängern und Sängerinnen / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Jelena Josic, Thomas Synofzik, Anselm Eber und Carlos Lozano Fernandez / Dohr / Erschienen: 2023
ISBN: 978-3-86846-018-6
629ff.

  Standort/Quelle:*) D-F, s: Nachl. Stockhausen 11
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 

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