23.01.2024

Briefe



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ID: 9464
Geschrieben am: Montag 25.07.1864
 

Baden-Baden d. 25 July 1864.

Lieber Joachim,

da ich Sie nun auf Ihrer Wasserburg wieder weiß (ich dachte Sie mir im Harz) so will ich gleich erst ’mal unser Geschäft in Ordnung bringen. Sie wissen, ich hatte Ihnen im Octbr. 1861 600 Rhtl Staatspapiere gekauft für die früheren <Zinsen> Actien, die sich als nicht vortheilhaft erwiesen hatten. Von diesen Letzteren hatte ich nun am 26 Mai 1862 an Zinsen 106 Rhtl, kaufte für 102 Thl ein neues Papier à 100 Thl, hatte sonach 700 Thl Staatspapiere von Ihnen, welche ich im Mai Ihrer lieben Frau zu weiterer sorgsamer Pflege übergab. Was ich vom 1 July 1862 bis zum 1 April 1864 noch an Zinsen erhielt sende ich Ihnen hierbei in der Summe von 62 Thl. 22 sgr 6 pf laut beifolgendem Verzeichniß, worin nachzusehen ich Sie bitte. Ich freue mich sehr, daß die Summa wieder so angewachsen; bis übers Jahr im
Octbr kann Ihnen Ihre Frau wieder ein 100thäleriges Papier dazu kaufen – das ist doch hübsch, nicht wahr? aus dem Verzeichniß ersieht Ihre Frau genau, was sie jedes 1/4 Jahr zu erhalten hat. Sie werden lächeln (aber nicht ironisch, hoffe ich) wenn ich Ihnen bekenne, daß ich nicht ohne <> Wehmuth mich dieses kleinen Freundschaftsdienstes gegen Sie entäußere, aber ich finde es auch wieder anmaßend, wenn ich Ihrer Frau die Freude, das kleine Capital so nach und nach wachsen zu sehen, entziehe. Nicht wahr, Sie verstehen das? Daß ich endlich ’mal wieder Ihre Handschrifft sah, freute mich herzlich, nur hätte ich so gern mehr von Ihnen Beiden speciel gewußt, ich hätte auch gern gewußt, ob Sie pecuniär befriedigt waren? Wie freut es mich, daß nun Johannes bei Ihnen – es wird Ihnen Beiden gut thuen – ach, könnte ich auch manchmal so zwischen hineingucken, aber unsichtbar! Eine Bitte habe ich an Sie: zwar hätte die Beantwortung noch lange Zeit, müßte ich darnach nicht meinen ganzen Winterplan einrichten. Ich sende Ihnen beifolgend einen Brief, den ich neulich erhielt, und der, verhält sich Alles so, mich nur freuen könnte, da Sie mir jedoch kein Wort darüber sagten, indem Sie von dem Londoner Musiktreiben sprachen, so macht mich das zweifelhaft, und ich bitte Sie mir durch ein paar Worte zu sagen, ob sich die Sache verhält, wie Herr Grove schreibt? und, nun die Hauptsache, ob Sie es gerathen fänden, wenn ich nächstes Frühjahr ’mal wieder nach London ginge, um namentlich diese Sachen meines Mannes zu spielen? und ob Sie mir durch Chapell u. A. wohl Engagements verschaffen könnten? ich würde dann übrigens diesmal früher dahin gehen, um nichts zu versäumen. Bitte, lieber bester Joachim, rathen Sie mir ganz aufrichtig, ohne Rücksicht auf dies oder jenes was mir zu hören lieber sein könnte! die Sache beschäfftigt mich sehr. Haben Sie niemals ein Quartett Roberts in London gespielt? das vermisse ich auf Grove’s Verzeichniß. Ich muß leider Anfang August mit Julie nach St. Moritz – unendlich schwer wird es mir hier fort aus meinem Häuschen, aber die Pflicht gebietet! leider ist die Reise auch sehr kostspielig was mir viel Sorge macht, und doch <besteht> bestand der Arzt darauf. Ende August spätestens bin ich wieder hier, und bleibe dann ruhig bis Anfang Octbr hier. Was im Winter wird weiß ich noch gar nicht, und mache mir Unruhe <> darum, doch, damit will ich Sie nicht quälen. Addio, lieben Freunde Beide! Gehe es Ihnen sehr gut, und genießen Sie schöne Zeit mit Johannes.
In steter Treue
Ihre
Cl. Sch.

P. S. Ich sende 63 Thl weil es mit den Groschen Umstände im Briefe macht, damit der Rest von 7 1/2 Groschen Sie nicht beunruhige, schreibe ich unfrankirt, ich denke, es wird dann gerade aufgehen. Bitte um Rücksendung des Briefes von Grove, und, <> wissen Sie es, dessen Adresse. Johannes muß aus dem ehemaligen Quintett ein Orchesterwerk machen, keine Sonate, das geht wahrlich nicht. Was sagen Sie dazu? Ihr Concert senden Sie mir wohl später durch Johannes mit – er will nach Baden kommen. Wie wird es mit Ihrer Stellung? bleiben Sie?

  Absender: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Absendeort: Baden-Baden
  Empfänger: Joachim, Joseph (773)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 2
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Joseph Joachim und seiner Familie / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Klaus Martin Kopitz / Dohr / Erschienen: 2019
ISBN: 978-3-86846-013-1
771-774

  Standort/Quelle:*) D-Zsch, s: 6467-A2
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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