Wunsdorf d. 21 Nov. 1864
Liebster Joachim
da hätte ich beinah etwas vergessen, was mir schrecklich leid thun würde! zum Glück habe ich hier Zeit Ihnen noch vor morgen Abend diese Zeilen zu senden. Da ist Frl. Schmitt, die Tochter meiner lieben Freunde in Frankfurth (wo ich immer wohne), die wollte morgen nach Hannover reisen mit einer Freundin, nur um Sie zu kennen zu [sic] lernen, da Sie längst ihr Idol ect. Der Kapellmeister Schmitt in Schwerin5 schrieb mir, und bat mich doch zu thuen, was ich könne, damit ihr Wunsch erfüllt würde. Ich schrieb ihm nun gleich, daß Sie morgen in Cöln spielen, und sie möge sich Ihnen in der Pause vorstellen, ich wolle Ihnen von ihr schreiben. Sollte sie wirklich dahin gereist sein, und Sie ansprechen, bitte, so seyen Sie ihr freundlich, sie verdient es aus verschiedenen Gründen; sie ist ein vortreffliches Wesen; wenngleich im Anfang wenig weibliche Anmuth verrathend, besitzt sie sie im Innersten doch, und hat das Herz auf dem rechten Flecke. Sie hat das ganze Jahr schweren Pflichten zu leben, und umsomehr möchte ich nicht säumen ihr die Freude Ihrer Bekanntschaft zu verschaffen. <da sie sich auch schweren> Meine Zeilen in Aachen haben Sie wohl erhalten! ich habe Marie doch mit mir genommen, konnte mich nicht entschließen allein zu reisen, sollten Sie aber etwas zu erwähnen haben, so besorgt es Frl. Jungé, der ich schon Auftrag gegeben, falls von Ihnen Etwas käme. Recht unbehaglich ist mir hier – so nahe an Hannover! hätte gar so gern die liebe Ursi und den kleinen Johannes begrüßt!
Nun hoffentlich am Donnerstag Morgen auf Wiedersehen – in dieser Vor-Freude grüßt Sie schon heute
Ihre
altergeb
Clara Schumann.
Hiller meinen Gruß, und was er wohl <da>zu dem Titel „der Deserteur“ meint? „die gute alte deutsche Zeit“ paßt mir nicht recht, <> die Handlung ist mir nicht characteristisch genug – sagen Sie das aber lieber nicht.
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