Baden d. 9 Ocbr. 1867.
Lieber Freund,
ein Brief an Sie liegt schon seit d. 4ten in meinem Pulte – Sie können denken, was er betraf! aber, schwarz auf weiß sah mich das Geschriebene so eigen an, kurz, ich konnte mich nicht zur Absendung entschließen, aber wollte es Ihnen doch zeigen, wenn Sie kämen. Nun ich Sie aber nicht mehr sehe, zerreiße ich ihn und muß abwarten bis wir uns ’mal wieder ein ruhiges Stündchen sprechen. Ich reise am Sonnabend 9 Uhr 35 M ab, und würde mich ein paar Stunden in Carlsruhe aufhalten, wäre auf ein gemüthliches Zusammenseyn zu rechnen, jedoch sind wir dazu zu Viele, da auch Frau Feidel und Frances mit uns reisen. Da ich aber Weihnachten nach Frankfurth komme, können Sie doch ’mal über ein Concert nachdenken (Sie wissen, welches ich neulich projektirte.) Wie ist es geworden mit dem jungen Mann? geht er nach Leipzig? hat er Stipendium, oder nicht?
Und nun eine Bitte: ich ordne wie Sie wissen, immer Alles genau, ehe ich von hier gehe, und bitte Sie daher umgehend um die Requiem-Rechnung und Theater und Punsch-Schuld, bitte, lieber Levi – ich muß das noch berichtigen. Ihren Koffer schicke ich nächster Tage auch.
Hören Sie nichts mehr so kommen wir Sonnabend. Es ist mir ein wehmüthiger Gedanke, Sie so gar nicht mehr gesprochen zu haben, vor so langer Reise! weiß man doch kaum, ob, und wie man sich wieder sieht! Ihnen wünsche ich das Innigste, vor allem daß Ihnen das Zusammenleben mit Ihrer Freundinn nicht gar zu schwere Kämpfe auferlege, ebenso Ihr die Sie unbekannterweise, dennoch aber herzlich, grüßen mögen.
So drücke ich Ihnen denn die Hand in alter, treuer Gesinnung.
Ihre
Clara Schumann.
Von Julie haben wir gute Nachrichten, aber sie hat Heimweh – wir auch nicht wenig nach ihr! Nach Wien schrieb ich. Grüßen Sie Allgeyer.
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