Carlsbad d. 8 Mai 1868. Hirschensprunggasse in Königstein.
Lieber Stockhausen,
nicht länger säumen möchte ich Ihnen für Ihre lieben Zeilen zu danken. Es war mir doppelt lieb von Ihnen zu hören, als unser Abschied in Bremen wirklich ziemlich ungemüthlich war – Ihre Frau hatte ich gar nicht mehr gesehen! – Wie Sie es in Colmar finden würden, konnte ich mir denken – es ist für Sie Alle, und dem armen Kranken selbst vor allem zu wünschen, daß sich die Krankheit nicht mehr in die Länge ziehe! Mich dauern so alte schwache Kranke immer entsetzlich, sie müssen in klaren Momenten doch schrecklich schwer ein so völliges Hinschwinden empfinden und sich immer den Andren zur Last glauben. – Es ist recht betrübt für Sie, daß Sie nun so lange getrennt sein müssen von den Ihrigen, natürlich auch für Ihre liebe Frau! Mich sehen Sie nun hier in Carlsbad, das mir nach nur 5 Tagen erst, schon gute Dienste gethan – es ist eine wunderbare Quelle! Marie und Felix sind mit mir, Julie wieder in Divonne bei Frau Schlumberger. Bis Ende Mai denke ich fertig zu sein, und will zu Pfingsten meinen Ferdinand in Berlin auf zwei Tage besuchen, dann aber gleich den Juni über nach Baden. Ist es denn gar nicht denkbar, daß der Faust erst Mitte Juni in Basel daran käme? dann könnte ich doch dabei sein! – Ihre Vorschläge für den Winter sind sehr verlockend. – ich denke, wir sprechen uns noch darüber, ich habe jetzt noch keinen Muth Winterpläne zu machen, denke immer was kann bis dahin noch Alles passieren! – Aber später im Sommer, wo wir uns doch gewiß sehen – Sie kommen gewiß auch ´mal durch Baden – da wollen wir feststellen. Daß ich in England für Februar und März wieder Engagements angenommen, sagte ich Ihnen wohl? Nach Bremen ging ich noch mit zu Joachims zur Taufe der kleinen „Marie“ und Tags drauf nach Düsseldorf, woselbst ich auch Ihren Brief erhielt, daher Ihrer Frau nicht wegen Frankfurth schreiben konnte. Sie sehen auf dem Brief oben meine Adresse, vom 29ten Mai an ist sie bis 10ten Juni ohngefähr sicher bei Elise in Frankfurth: Quiollettstraße Nr. 29, 3ter Stock, dann, so Gott will, in Baden. Lassen Sie bald Näheres von sich hören und grüßen Sie Ihre liebe Frau und die Kleinen herzlich, Sie haben doch immer gute Nachrichten? Das Requiem war wunderbar, und gehört dieser Genuß zu den schönsten meines Lebens. Ach, warum konnte Ihm, der lange zuvor Solches vorausgesagt, nicht diese Freude werden! das machte mich den ganzen Abend so wehmüthig, wie ich es gar nicht beschreiben kann. Adieu, lieber Stockhausen. Alles Gute von Ihrer
ergeb.
Clara Schumann.
Haben Sie wohl an Chappell geschrieben, daß Sie nicht komen?
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