Baden d. 24 Mai 1873.
Lichtenthal 14.
Liebe Freundin,
wie oft dachte ich daran Ihnen ’mal einen Gruß zu senden, aber ich darf ja nur das Nöthigste schreiben, weil ich mehr denn je an Schmerzen in den Schultern und Armen leide, und bis jetzt immer zu spielen hatte. Ich muß auch zu demselben Zwecke zu Pfingsten wieder nach Aachen, möchte Ihnen aber vorher ein Freundschaftswort gesandt haben, und Sie bitten, mich von sich hören zu lassen, wonach ich mich wahrhaft sehne. Zugleich theile ich Ihnen mit, daß ich das bewußte Logie gemiethet habe, und jedenfalls nächste Woche ’mal in Berlin versuchen will – wahrscheinlich ohne hier mein Haus aufzugeben, denn mich sogleich gänzlich hier loszureißen wird mir so unendlich schwer, daß mir ist, als bräche es mir das Herz. Sagen Sie mir, wann Sie nach Baden kommen? ich hoffe doch, es geschieht? und was für Sommerpläne haben Sie? Bei uns geht es auf und ab! ich hatte große Sorge um Felix, der in Folge verschleppter Erkältung stark hustete; ich nahm ihn mit hierher, und die Regelmäßigkeit der Lebensweise und die gute Nahrung haben schon gut gewirkt – es geht ihm schon viel besser. So Manches hätte ich Ihnen zu erzählen – ich muß es lassen, bis ich Sie sehe, denn heftig schmerzt mich schon wieder der Arm vom Schreiben.
Wie geht es bei Steindahl’s, Ernestinen und vor allem Ihrem theuren Manne?
Sie Beide innigst grüßend bin ich
Ihre
allezeit getreue
Clara Schumann.
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