Frankfurt a/m. 14.12.
Lieber Herr Levy!
Das ist eine recht verwickelte Geschichte mit dem Concert. Fürerst muß ich Ihnen erklären, warum ich Ihnen diesen Morgen für den 8. u. 13. Januar abtelegraphiren mußte: Brahms schrieb mir, ob er mich in der ersten Hälfte des Januar hier fände, dann wolle er kommen, und würde es gewünscht, auch in einer Kammermusik-soirée musiciren. Ich hörte nichts von Joachim u. schloß daraus, daß unser Concert sich wohl auf später verschieben würde. Hier wurde nun mit dem Museum-Vorstand Alles arrangirt, u. da ich die Vermittlerin war, bin ich bis Mitte Januar hier gebunden.
Indessen ist nun auch Ihre zweite Depesche eben angekommen, aus der ich nun wieder den Uebelstand für mich ersehe, daß eine Kammermusik-soirée dem Orchester-Concert vorausgehen soll. Ich kann aber nicht meine Kraft vor dem Orchester-Concert verausgaben, muß für das letztere ganz frisch sein, u. könnte an eine Kammermusik-soirée erst denken, wenn das Orchester-Concert vorüber ist. Bin ich durch dasselbe zu sehr angestrengt, so muß ich die Kammermusik ganz aufgeben, kann also vorher gar nichts bestimmen. Der Vorschlag mit dem Stern’schen Verein wäre ja nun künstlerisch sehr erfreulich für mich, aber habe ich mich überhaupt entschlossen, im Philharmonischen Saal zu spielen, so geschah es mit in Hinblick auf die größere Einnahme, wäre also dieses mit zu berücksichtigen. Ich schreibe Ihnen dies so ganz offen, wie man mit einem Freunde unter vier Augen spricht; natürlich gehört der liebe Joachim auch dazu.
Mir liegt nun viel daran, die Sache geordnet zu sehen, so oder so. Wie sehr ich wünsche, nach Berlin zu kommen, brauche ich Ihnen nicht zu sagen, ich muß aber mit meinen Kräften jetzt so haushalten, daß ich Alles wohl überlegen muß.
So sehe ich denn einer Nachricht von Ihnen, so bald Sie mir etwas Gewisses sagen können, entgegen; es braucht aber nicht telegraphisch zu sein.
Mit den herzlichsten Grüßen bin ich
Ihre
getreu ergeb
Clara Schumann.
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