23.01.2024

Briefe



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ID: 17487
Geschrieben am: Dienstag 15.04.1873
 

Ostermontag, wollte ich schreiben wurde aber unterbrochen; heute ist’s Dienstag der 15te April. Seit Sonntag früh, liebe Frau Schumann bin ich hier, nach stürmischer Überfahrt, u. desto freundlicherem Aufenthalt bei Wach’s in Bonn, wo ich von Freitag Nachmittag bis Samstag gegen Abend blieb. Wir hatten am Morgen dieses Tags eine dreistündige Comité-Sitzung in der Schumannfeier-Angelegenheit, leider ohne Wasielewsky, der das furchtbare Geschick hatte seinen Sohn zwei Tage vorher zu verlieren, u. zw. dadurch, daß ein Gewehr, mit dem der 19jährige Jüngling spielte, losgieng, und die Kugel das Gehirn durchbohrte! Zu entsetzlich, nach allem Vorangegangenen!! Ich habe den Ärmsten vor meiner Abreise noch gesehen. Ich halte es für ein Glück, daß die Aufgabe des Musikfestes ihm zu Thun geben wird. Natürlich sah er schrecklich verstört aus; er <> wird nach dem Begräbniß ein paar Wochen mit seinem Bruder in’s Freie. – In der Sitzung hielt ich an dem Requiem für den 1ten Tag fest, während die Herren von der Peri nicht losließen; und so kam es nachher zu folgendem, von beiden Theilen angenommenen Vorschlag: 1ter Tag (17ter Aug.) nur das Requiem zur Vorfeier, vielleicht mit einem Prolog. 2ter Tag (18ter) Peri. 3ter Tag: 1ter Theil Ouverture zu Manfred, Klavierconcert, Nachtlied, C dur Sinfonie; 2ter Theil, die dritte Abtheilung aus Faust. – Ich hoffe Sie finden dies Programm Ihren Wünschen entsprechend. Freilich ist das dritte Programm etwas lang, aber es sind lauter so herrliche, begeisternde Nummern, und es ist das Ganze so wenig bunt, daß man es gern so ließe. Sind doch die beiden ersten Tage eigentlich wenig anstrengend für ein Musikfest! Am 1ten Tag 5/4 Stunde, am 2ten 2 1/4 Stunden, und <der> am 3ten wird’s mit Pausen auch nicht länger währen als 2 1/2 Stunden. Sagen Sie mir gleich, liebe Freundin, wie Sie damit zufrieden, und machen Sie Vorschläge, wenn Sie was anders wünschen. Ich wüßte aber nichts zu ändern! Im neuen Haus ist’s herrlich, über Erwarten harmonisch und luftig in den hohen Räumen. Ich freue mich schon Ihnen das im Herbst zu zeigen. Alle Meinen sind wohl, Mariechen ohne Pockennarben. Wir grüßen Sie und die Kinder von Herzen, auch die lieben Burnands vielmals.
Schreiben Sie recht bald
Ihrem J. J.

  Absender: Joachim, Joseph (773)
  Absendeort:
  Empfänger: Schumann, Clara, geb Wieck, Clara (3179)
  Empfangsort:
  Schumann-Briefedition: Serie: II / Band: 2
Briefwechsel Robert und Clara Schumanns mit Joseph Joachim und seiner Familie / Editionsleitung: Thomas Synofzik und Michael Heinemann / Herausgeber: Klaus Martin Kopitz / Dohr / Erschienen: 2019
ISBN: 978-3-86846-013-1
1099ff

  Standort/Quelle:*) D-DÜhh
 
*) Die Auflösung der Kürzel für Bibliotheken und
Archive finden Sie hier: Online Directory of RISM Library Sigla
 
 



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