Baden d. 16 Septbr. 1866
Wie freundlich haben Sie, liebe Frau Riggenbach, mich überrascht durch Ihr so freundliches Gedenken und die so wohlschmeckende Gabe. Herzlichen Dank dafür!
Durch Hrn. Brahms hatte ich schon zu meiner Freude von Ihrem Wohlergehen gehört, und daß Sie jetzt auf der Bechburg hausen. Wer bewohnt denn nun das nette kleine Haus in Bipp? Sie können denken, daß ich mir Sie lieber dort als auf der Bechburg denke, wo wir so manche gemüthliche Stunde bei Ihnen verlebt. |2| Zu Zeiten zieht es mich sehr nach der Schweiz, und wäre mir Ihre freundliche Einladung verlockend genug, jedoch ist es mir hier zu Haus so heimisch, und genieße ich der schönen Ruhe in meiner häuslichen Bequemlichkeit, nach stets so unruhvoll verlebtem Winter, so gern, daß mich kaum für einen Tag mal entschließe Baden zu verlassen. Daß ich jetzt durch Brahms manch schöne Stunde habe, können Sie sich denken. Bald auch kommt Joachim uns zu besuchen. Sie wissen, er spielt am 21ten in Basel.
Von uns kann ich Ihnen soweit Gutes sagen, und |3| namentlich von Julie, daß sie sich diesen Sommer kräftiger gefühlt als früher. Sie hatte im Winter, wo sie in München bei lieben Freunden von mir war, den Typhus, und ist nach dieser Krankheit wohler geworden. Mein zweiter Sohn ist jetzt in den Kaufmanns-Stand getreten, und hat eine sehr gute Stelle als Lehrling in Berlin bekommen.
Nun, liebe Frau Riggenbach, muß ich Ihnen Adieu sagen, da ich sehr in Anspruch genommen. Nochmals meinen schönsten Dank, von meinen Kindern angelegentlichste Grüße und die herzlichsten für Sie und Ihren lieben Mann.
Wie immer
Ihre
aufrichtig ergeb
Clara Schumann.
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