Dienstag früh.
Lieber, gütiger Meister!
Seit gestern Abend hier zurück eile ich nun zur Beantwortung der wichtigsten Ihrer Fragen: für Flügel ist vor allen Dingen gesorgt; Rittmüller wird sowohl in Ihre Wohnung als für’s Concert welche bereit halten. Ich glaube, Ihre Frau wird Rittmüllers Flügel denen Irmlers vorziehen, die Schwingungen der ersteren scheinen mir metallreicher. Sollte aber keiner der genannten genügen, so wäre vielleicht der König zu bewegen, seinen Erard herzuleihen. Sie sehen, es Ihnen und Ihrer Clarissima recht zu machen, komme ich sogar auf praktische Gedanken! So will ich auch heute gleich im Hộtel royal, dicht bei der Eisenbahn, nahe vom Theater, und in meiner Nachbarschaft, für recht bequeme Wohnung Sorge tragen, die Sie mit intensiver Wärme erwarten und aufnehmen soll. Für die Übersendung der Manfred-Ouverture danke ich von Herzen; auch mir ist diese noch mehr in die Seele gewachsen als die zur Genoveva. Leider aber habe ich nicht freie Hand bei der Wahl der Stücke, und was manchmal meine Überredung momentan vermag, finde ich oft nach einigen Tagen hinter meinem Rücken durch den Diensteifer anderer Musiker <hier> wieder umgekehrt, die mit Eitelkeitsnetzen nach Einfluß fischen: solche Fischer taugen nicht für das Wohl der Kunst. Es soll mich nicht wundern, wenn nun noch ein ganz<es> anderes Programm herauskömmt, als ursprünglich ausgemacht war; ich will aber einstweilen noch das Beste hoffen, und das wäre freilich die Manfred-Ouverture, oder eine Sinfonie von Rob: Schumann. Auf freudiges Wiedersehen auf der Eisenbahn in Hannover.
Ihr und Ihrer Frau
getreuer
J. Joachim.
Ob wohl Dietrich mitkömmt? Brahms ist in Bremen, wird übermorgen zurücksein.
|