Leipzig, d. 26sten Mai 1838.
Euer Hochwohlgeboren
Gütiges Schreiben verpflichtet mich zum lebhaftesten Dank und hat mir wahrhafte Freude gemacht. Auch war mir Ihr Name keinesweges ein ungekannter. So viel schlechte Musik ich vergeße und gern vergeße, so ist mir doch ein treues Gedächtniß für das edlere Streben geblieben, wie man es in Ihren Compositionen auf den ersten Blick erkennen muß.
Das Liederfach ist nicht mein Departement. Sie werden also eine andere Chiffre unter der Anzeige Ihrer Gesänge finden, die keinenfalls, wie ich glaube, eine Halm’sche Debatte hervorrufen wird.
Noch möchte ich Ihnen vorschlagen, ob Sie mir vielleicht etwas für die vierteljährlich erscheinenden Musikalischen Beilagen zur Zeitschrift mittheilen wollten; ein Weg, der schneller zur Verbreitung des Namens führt als irgend ein bekannter. Doch dürfte, da die Beilagen nur so selten erscheinen und doch dadurch gleich mehrere Componisten eingeführt werden sollen, die Composition nicht wohl den Raum von zwei bis drei Druckseiten überschreiten. Am Besten, Sie senden mir vielleicht gleich ein ganzes Heft Lieder oder was sonst, damit ich nur wählen kann, daß es sich auch |2| mit den anderen Beiträgen gut verträgt. Im Augenblick liegt freilich so viel Manuscript für diese Beilagen bei mir aufgeschichtet, daß ich Ihnen den Zeitpunct der Aufnahme Ihrer Composition nicht genau bestimmen könnte. Jedenfalls möchten Sie mich bald durch eine reiche Sendung erfreuen!
Vielleicht daß mir endlich in diesem Jahr ein alter Lieblingswunsch in Erfüllung geht: mir Wien einmal ansehen zu dürfen. Erlauben Sie dann, hochgeehrtester Herr, mich Ihnen vorzustellen?
In Hochachtung und Ergebenheit
Euer Hochwohlgeboren
gehorsamster
R. Schumann
|4| Sr. Hochwohlgeboren
Herrn Geheimer Staats Canzlei Rath
Vesque von Püttlingen.
in
Wien.
d. G.
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